Doping im Breitensport – Urologen warnen vor Spätfolgen
- Christian Riedel
Wie die ARD Sportschau im Jahr 2007 berichtet hat, ist Doping im Breitensport an der Tagesordnung. So wurden in einem deutschen Fitnessstudio bei einer anonymen Stichprobe 22 Prozent aller Männer und immerhin noch 7 Prozent der Frauen positiv auf eine oder mehrere leistungssteigernden Substanzen getestet. Bei einem Jedermann-Radrennen in Belgien nahmen 15 Prozent der Teilnehmer ein Dopingmittel ein. Beim Jungfrauen-Marathon (Schweiz) im Jahr 1998 griffen sogar 35 Prozent der Amateure zu Mitteln, die bei den Profis verboten sind. Die Hobby-Doper nehmen hauptsächlich Anabolika, Wachstumshormone und hoch dosierte Schmerzmittel ein. Laut der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) greifen alleine in Deutschland weit mehr als eine Million Freizeitsportler regelmäßig zu Dopingsubstanzen oder Medikamenten.
Natürlich darf man nicht jedem, der positiv getestet wurde, direkt Doping unterstellen. So stehen viele Schmerzmittel oder Präparate auf der Dopingliste, die von Breitensportlern häufig eingenommen werden. In Fitnessstudios kommt das Problem hinzu, dass einige Protein-Präparate mit Dopingmitteln verunreinigt sind, die bei der Dopingprobe dennoch zu einem positiven Ergebnis führen, ohne einen direkten Einfluss auf die Leistung zu haben.
Im Leistungssport gibt es Dopingkontrollen, die mehr oder weniger erfolgreich die Sünder aus dem Verkehr ziehen. Diese Kontrolle gibt es bei Hobbysportlern nicht. Daher ist Doping im Breitensport an der Tagesordnung und für die Dealer zu einem lukrativen Geschäft geworden. Daher haben sie natürlich kein Interesse, ihre Kunden zu verlieren. Doch die DGU warnt vor den extremen Spätfolgen von Doping im Breitensport.
Impotente Kraftsportler
„Die Langzeitfolgen werden von den jungen Männern unterschätzt“, sagt DGU-Pressesprecherin Prof. Dr. Sabine Kliesch. So kann die Einnahme von anabolen Wirkstoffen in dem Wunsch nach schnellem Leistungszuwachs langfristig zu Impotenz, Unfruchtbarkeit, Brustwachstum und Nierenschäden führen. Spätestens beim Urologen wird ihnen klar, wie groß der Fehler war, die Dopingmittel einzunehmen. „Weil sie ihre Erektionsfähigkeit eingebüßt haben, der Kinderwunsch versagt bleibt oder weil sie unter einer Vergrößerung der männlichen Brustdrüsen, der sogenannten Gynäkomastie, leiden“, sagt die Chefärztin des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie in Münster. Die „Männer-Brüste“ müssen dann operativ entfernt werden.
Mit der Gynäkomastie steigt auch das Krebs-Risiko, ergänzt Doping-Experte und Sportmediziner Prof. Dr. Wilhelm Schänzer. Zudem können unheilbare Leberschäden, Leberkrebs sowie eine Schädigung des Herz-Kreislaufsystems von Arteriosklerose bis zum Herzinfarkt auftreten. „Normalerweise senkt Sport die ungesunden Blutfette. Unter Anabolikaanwendung aber tritt der gegenteilige Effekt ein. Die Konzentration der HDL-Fetteiweiße im Blut wird erniedrigt, während sich die LDL-Fetteiweiße erhöhen und das Arteriosklerose-Risiko steigt“, so der Leiter des Instituts für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Um das Brustwachstum zu verhindern, werden in der Doping-Szene daher zusätzliche Substanzen empfohlen, die allerdings ihre ganz eigenen Nebenwirkungen haben. „Insgesamt reduziert der Cocktail aus anabolen Wirkstoffen, Wachstumshormonen, Fettverbrennern und Ähnlichem die Lebenserwartung der Konsumenten deutlich“, fasst Prof. Schänzer mit Bezug auf eine finnische Studie das Doping-Dilemma zusammen. „Darunter sind viele Wirkstoffe, die aufgrund des verschärften Arzneimittelgesetzes inzwischen in der klinischen Medizin nicht mehr verordnet werden dürfen, aber im illegalen Schwarzmarkthandel angeboten werden.“
Auch die Psyche kann betroffen sein. So kann eine vermehrte Aufnahme von anabolen Wirkstoffen zu Aggressivität, Depression und Stimmungsschwankungen führen. Die typische Steroid-Akne, also ein starker Ausschlag mit Pickeln im Gesicht, mag hier fast harmlos anmuten.
Auswirkungen von Wachstumshormonen
Dopingexperten wie Professor Schänzer gehen in Deutschland allein im Kraftsport von 200.000 bis 400.000 Konsumenten anaboler Wirkstoffe aus. Das sind Testosteron selbst sowie Analoge des männlichen Sexualhormons. Im Körper richtet der unnötige Hormon-Konsum verheerende Schäden an. Denn führt man dem Körper männliche Hormone zu, stellt er seine Eigenproduktion ein oder fährt sie zumindest stark zurück. Da Testosteron zum größten Teil im Hoden produziert wird, führt der Hormon-Konsum dazu, dass die Hoden schrumpfen, die Potenz und Spermienanzahl schwinden. Dies ist zum Teil unumkehrbar. „Ob die eigene Hormonproduktion wieder einsetzt, hängt im Einzelfall von den verwendeten Substanzen ab“, sagt Prof. Kliesch.
Auch wenn im Breitensport eine Kontrolle schwierig bis unmöglich ist, fordert nicht nur die DGU Gegenmaßnahmen und mehr Aufklärung über die Gefahren. DGU-Pressesprecherin Prof. Kliesch und Prof. Schänzer betonen, dass entsprechende Maßnahmen überfällig sind. Sie sehen vor allem den Staat in der Pflicht, mehr Prävention durch frühzeitige Aufklärung in den Schulen zu ermöglichen und verstärkt gegen den illegalen Schwarzmarkthandel vorzugehen.
www.urologenportal.de