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Der letzte Halt - wie sinnvoll sind Gelenkstützen

  • Dr. med. Markus Klingenberg
Wenn die Bänder im Sprunggelenk oder im Knie kaputt sind, geben Gelenkstützen den nötigen Halt. Aber nicht immer sollte man sich auf die künstliche Stütze verlassen.

Wer ein richtiger Sportler ist, kann es nach einer Verletzung kaum erwarten, endlich wieder aktiv sein zu können. Leider dauert es nach einem Bänderriss im Sprunggelenk rund sechs bis acht Wochen, bevor die Bänder wieder verheilt sind. Bei einem Kreuzbandriss muss man eine Pause von mindestens einem halben Jahr einlegen, bevor man wieder joggen kann.

Gelenkstützen dürfen kein Ersatz sein


Mit den richtigen Gelenkstützen kann man deutlich früher zumindest wieder mit dem Laufen anfangen. Denn die Bandagen geben den Gelenken den Halt, den sie durch die Bänderverletzung verloren haben. Aber die Gelenkstützen dürfen nicht immer getragen werden. „Gelenkstützen dürfen nie ein Ersatz für die eigenen Bänder sein“, sagt Dr. Markus Klingenberg, Sportmediziner aus Bonn. „Für gesunde Sportler machen sie gar keinen Sinn.“

Dr. Klingenberg empfiehlt, die Gelenkstützen nur nach einer Verletzung zu tragen. Und dann auch nur solange, wie es unbedingt nötig ist: „Der Vorteil der Bandagen ist, dass man viel früher wieder mit dem Sport beginnen kann. Denn die Gelenkstützen verleihen zusätzlichen Halt, den die natürlichen Bänder nicht mehr geben können. Mit den Stützen kann man zumindest leicht Sport treiben und so die Muskelatrophie, also einen Abbau der Muskulatur, verlangsamen.“ Würde man dagegen nach einem Bänderriss mehrere Wochen die Füße stillhalten, hätte dies naturgemäß einen Abbau der Muskulatur zur Folge.

Feintuning geht verloren

Aber zu lange sollte man sich nicht stützen lassen. „Wer die Bandagen zu lange trägt, verliert sein Feintuning, und der Gleichgewichtssinn wird gestört“, erklärt Dr. Klingenberg. „Als Folge kann es passieren, dass man schnell wieder umknickt und die Bänder wieder reißen.“ Darum sollte man nach einer Verletzung oder einer Operation so früh wie möglich mit einem entsprechenden Muskelaufbautraining beginnen.

Die Gelenkstützen können aber nicht nur nach einer OP eingesetzt werden. „Oft dauert es Tage oder Wochen, bis man beispielsweise nach einem Kreuzbandriss operiert wird“, sagt der Hobbyläufer Dr. Klingenberg. „Mit einer Bandage kann man den Gelenken beim Joggen auch vor einer Operation den notwendigen Halt geben, obwohl die Bänder noch nicht operiert worden sind. So kann man ebenfalls verhindern, dass die Muskelatrophie durch die Verletzung zu groß wird. Allerdings sollte man vorher mit seinem Arzt besprechen, wie oft und wie lange man mit den kaputten Bändern trainieren kann.“


In der Regel reißen Bänder im Sprunggelenk

Wenn Bänder reißen, dann sind es in der Regel die Bänder im Sprunggelenk. Wenn man nicht aufpasst und beispielsweise im Rinnstein umknickt, dann reißen die Außen- oder Innenbänder im Knöchel. Im Sport, vor allem im Fußball, Basketball, Handball oder Volleyball, treten viel höhere Kräfte auf, als wenn man bei einer Bewegung im Alltag umknickt.

Wird man vom Gegner umgetreten oder knickt nach einem Sprung aus großer Höhe um, können auch die Bänder reißen, die zwischen dem Schien- und Wadenbein liegen. Diese Bänder heißen Syndesmose oder Syndesmosis. Eine Verletzung dieser Bänder kann laut Dr. Markus Klingenberg Schwierigkeiten bereiten: „Das Problem bei diesen Bändern ist, dass man einen Riss nur schwer erkennen kann, und die Bänder ohne Operation nicht wieder zusammenwachsen. Oft wird ein Riss der Syndesmose nicht erkannt, sondern als „normaler“ Bänderriss im Sprunggelenk betrachtet. Man behandelt die Verletzung wie einen normalen Riss, doch das Sprunggelenk bleibt instabil.“ Man knickt immer wieder um und hat ohne eine Gelenkstütze keinen festen Halt.

Wenn man mehr als zwei Monate eine Bandage trägt und das Gelenk trotzdem nicht stabil wird, kann es sein, dass der Bänderriss in Wirklichkeit ein Riss der Syndesmose ist. Mit einer Kernspintomographie lässt sich diese Verletzung leicht erkennen. „Bei einer Knieverletzung wird meistens eine Kernspintomographie gemacht“, erklärt Dr. Klingenberg. „Bei einer Verletzung im Sprunggelenk nur selten. Aber wenn nach einer Knöchelverletzung keine Verbesserung eintritt, sollte man auf jeden Fall auf diese Untersuchung bestehen.“ Denn nur wenn die Verletzung richtig diagnostiziert wird, kann man sie auch richtig behandeln.

Christian Riedel

Details

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  • Star Vita: Dr. med. Markus Klingenberg arbeitet und als Arzt mit den Schwerpunkten Sport- und Ernährungsmedizin und Personal Trainer in Bonn und in der Sportorthopädie der Klinik-am-Ring in Köln. Mehrmals pro Jahr arbeitet er zudem als Tauchmediziner im indischen Ozean. Seine Schwerpunkte umfassen ein Personal Training, Ernährungs-Coaching, und die Leistungsdiagnostik. Als ehemaliger Leistungssportler kombiniert Dr. med. Markus Klingenberg sein Wissen als Sportmediziner und Personal Trainer, um für seine Kunden nachhaltig erfolgreiche individuelle Konzepte zu entwickeln und umzusetzen.
  • Star Erfolge: Arzt, Sportmediziner, Notarzt

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