Pflanzlicher Süßstoff – wie gesund ist Stevia?
- Christian Riedel
Wer es gerne süß mag und sich dabei gesund ernähren möchte, hat ein grundsätzliches Problem: Der herkömmliche Industriezucker enthält zum einen viele Kalorien, auf der anderen Seite ist er schlecht für die Zähne. Die bisherige Alternative sind industriell hergestellte Süßstoffe, wie Aspartam oder Saccharin. Diese enthalten zwar keine Kalorien und haben auch keinen Einfluss auf die Mundflora, sind bei Wissenschaftlern aber umstritten. Denn die chemischen Süßstoffe stehen im Verdacht, unter anderem Hunger zu verursachen, den Insulinspiegel anzuheben oder sogar Krebs zu verursachen. Für keinen dieser Verdachtsmomente gibt es zwar einen wissenschaftlichen Beweis, aber es gibt bestimmt gute Gründe, warum beispielsweise in der Tiermast die vergleichsweise teuren Süßstoffe eingesetzt werden.
Wenn man nun weder Zucker noch Süßstoff benutzen sollte, bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als seinen Tee ungesüßt zu trinken. Den Ausweg soll Stevia bieten, das am 2. Dezember von der EU als Süßstoff auch in Deutschland freigegeben wurde.
Was ist Stevia?
Bei dem neuen „Wundermittel“ für Naschkatzen handelt es sich um die Blätter der südamerikanischen Stevia Pflanze (Stevia rebaudiana auch „Süßkraut“ oder „Honigkraut“). Die Blätter sind dabei rund 30mal, der extrahierte Süßstoff sogar 300mal süßer als normaler Zucker, enthalten so gut wie keine Kalorien und sind dabei nicht kariogen, können also kein Karies verursachen. Daher wäre Stevia nicht nur für Übergewichtige und Kinder, sondern auch für Diabetiker geeignet.
Nachdem Stevia in Frankreich, der Schweiz oder den USA schon mehrere Jahre verwendet und verkauft werden durfte, ist der Süßstoff nun seit Dezember 2011 auch in der gesamten EU als unbedenklich freigegeben worden. Tests auf Krebs, Einfluss auf den Gencode (Genotoxizität), auf die Fruchtbarkeit und die Fortpflanzung verliefen alle negativ, sodass man davon ausgehen kann, dass Stevia dem Menschen keine gesundheitlichen Schäden zufügen kann.
Wo wird Stevia verwendet?
Zunächst einmal wird Stevia als Zucker-Ersatz auf den Markt kommen. Wobei ein Löffel des Stevia-Produkts ebenso süßt wie ein Löffel Zucker. Daher kann es ebenso beispielsweise beim Backen verwendet werden, ohne dass man das Rezept verändern müsste. Würde man reines Stevia verwenden, würden zwei Tropfen ebenso süßen wie ein Löffel Zucker. Da die gesundheitlichen Aspekte noch nicht ganz erforscht sind, rät die „European Food Safety Authority“ täglich nicht mehr als vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu verzehren. Die EU empfiehlt eine maximale Tagesdosis von 250 Milligramm. Dies reicht, um den Kaffee zu süßen. Für viele Lebensmittel und Getränke reicht das nicht aus, sodass man davon ausgehen kann, dass Stevia zunächst als Mischprodukt mit Zucker oder Süßstoff zum Einsatz kommen wird. Erlaubt sind beispielsweise 80mg Stevia pro Liter Softdrink. Benötigt wird aber rund das Dreifache. Daher kann man davon ausgehen, dass Stevia bis auf weiteres nur als Ergänzung zu Zucker Verwendung finden wird.
Der Haken
Bisher hört sich alles so an, als wäre Stevia das Heilmittel für alle übergewichtigen Zuckerfreunde, Diabetiker und Karies-Geplagten. Doch auch hier gibt es einen Haken. Denn Stevia als solches hat einen leicht bitteren Nachgeschmack. Daher ist der Süßstoff bisher nicht ohne Zusatzstoffe einsetzbar. Wenn Stevia als einziges Süßungsmittel verwendet wird, muss man abwarten, wie die entsprechenden Getränke, Joghurts oder Schokoriegel schmecken. Die mengenmäßige Begrenzung schließt zudem eine alleinige Verwendung von Stevia aus.
Zudem reicht es nicht, einfach die Stevia-Blätter zu trocknen oder den Süßstoff heraus zu pressen. Bis man Stevia als Süßungsmittel verwenden kann, müssen mehrere chemische Prozesse durchgeführt werden. Daher hat das Endprodukt mit dem Naturprodukt im Endeffekt nicht mehr viel zu tun. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Stevia sich auf dem Nahrungsmittel-Markt durchsetzen wird.