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Wie die Klimakrise den Spitzensport verändert
- Dr. Christian Graz
Die Folgen der Erderwärmung beginnen, immer massivere Auswirkungen auf den Leistungssport zu nehmen. Smogglocken über Wettkämpfen, wegen Hitze kollabierende Fußballer, eine Tour de France 2022, die im Hochsommer eine Tortur für die Fahrer war, die Fast-Absage der Kanu-Weltmeisterschaft in Augsburg, weil für die Wildwasserstrecke das Wasser knapp wurde: Sportveranstaltungen drohen vor dem Klimawandel zu kapitulieren oder stehen zumindest vor der Aufgabe, sich anzupassen.
Viele Outdoor-Sportarten sind von diesen Herausforderungen betroffen. Die äußeren Bedingungen bei Ausdauersportarten, etwa einem Triathlon, sind aus medizinischer Sicht den Sportlern häufig kaum noch zuzumuten. Wirtschaftliche Überlegungen stehen ad-hoc Verlegungen zumeist im Wege. So sind die Athleten in Extremfällen zumeist die Opfer – wie in München beim Marathonlauf der vergangenen Europameisterschaft.
Was für den Wettkampf gilt, trifft auch auf das Training zu. Extremwetterperioden zwingen die Sportler, ihre Trainingspläne anzupassen. Wintersportler können nicht mehr sicher sein, sich in vielen traditionellen Skiregionen perfekt auf die Saison vorbereiten zu können. Dieser Winter hat auch den Nicht-Profis deutlich gemacht, dass Wetter und Klima den Skifahrplänen häufiger als früher einen Strich durch die Rechnung machen können. Wer Langlauf- und Biathlonwettkämpfe in den vergangenen Monaten beobachtet hat, musste feststellen, dass viele Rennen im Sulzschnee stattfinden mussten, der oft nur mit großen Mengen an Salz gerade noch wettbewerbsfähig gemacht wurde. Das Wetter wird zu einer immer unberechenbareren Variable für Events und Sportler.
In Zusammenhang mit Umweltfaktoren und ihren Folgen hat sich in der Psychologie eine neue, innovative Forschungsrichtung etabliert.
Dabei geistert derzeit der ungewöhnliche Begriff „Solastalgie“ durch die Köpfe von Trainern und Topverbänden. Dieser vom Naturphilosophen Glenn Albrecht geprägte Neologismus beschreibt eine Art trauergefärbte Reaktion über den subjektiv erlebten Verlust der Lebenswelten unter anderem durch den Klimawandel. Während Nostalgie auf die Vergangenheit gerichtet ist, bezieht sich die Solastagie auf die Gegenwart und Zukunft. Natürliche Ereignisse wie Stürme, Überflutungen oder Dürren werden von menschengemachten Faktoren unterschieden. Im Bericht der Lancet Commission on Health and Climate Change vor einigen Jahren wird Solastalgie tatsächlich zu den Auswirkungen der Klimakrise für die psychische und soziale Gesundheit aufgeführt.
Man muss sich vor Augen führen: Ein Viertel der deutschen Bevölkerung erleidet jährlich psychische Störungen, Tendenz steigend. Gleichzeitig manifestieren sich Dreiviertel der psychischen Erkrankungen vor dem 25. Lebensjahr, besonders betroffen sind also Jugendliche und Heranwachsende. In diese Altersrisikogruppe fällt auch der deutsche Spitzensport.
Wenn die Klimakrise demnach psychischen Krankheiten Vorschub leistet, tut sie dies auch bei jungen Athleten. Die Ängste junger Menschen, möglicherweise in absehbarer Zeit auf einem nur noch begrenzt bewohnbaren Planeten zu leben, betrifft selbstverständlich auch Leistungssportler, die ihr Streben an exzellenten Ausnahmeleistungen ausrichten. Veränderungen des Klimas und unsere damit verbundenen Sorgen haben damit auch Konsequenzen für die Praxis im Sport.
Noch ist nicht in der Breite sichtbar, dass sich der hochprofessionelle Sportbetrieb mit seinem durchgetakteten Kalender an Großereignissen auf diese neuen Situationen einstellt. Bislang macht der Profisport so weiter wie bisher. Doch wie lange noch?
Ein Lichtblick ist der Deutsche Fußball Bund. Die DFL hat als erste Sportliga der Welt Nachhaltigkeit als Lizenzkriterium aufgenommen, Nachhaltigkeitsziele verabschiedet und ein Nachhaltigkeitsforum ausgerichtet. Der DFB stellte die erste Runde des DFB-Pokals unter das Motto "Aktionsspieltag Klimaschutz". Immerhin!
Zur Person:
Dr. Christian Graz ist Chefarzt der Psychosomatik der Max Grundig Klinik auf der Bühlerhöhe. Graz ist Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Verhaltenstherapeut, Suchtmediziner und Forensiker, der langjährig Führungskräfte wie auch Berufssportler behandelt. Auf netzathleten.de gibt er in seiner Reihe "Fit mit Köpfchen" mentale Tipps für mehr Fitness und Leistungsfähigkeit.
Was für den Wettkampf gilt, trifft auch auf das Training zu. Extremwetterperioden zwingen die Sportler, ihre Trainingspläne anzupassen. Wintersportler können nicht mehr sicher sein, sich in vielen traditionellen Skiregionen perfekt auf die Saison vorbereiten zu können. Dieser Winter hat auch den Nicht-Profis deutlich gemacht, dass Wetter und Klima den Skifahrplänen häufiger als früher einen Strich durch die Rechnung machen können. Wer Langlauf- und Biathlonwettkämpfe in den vergangenen Monaten beobachtet hat, musste feststellen, dass viele Rennen im Sulzschnee stattfinden mussten, der oft nur mit großen Mengen an Salz gerade noch wettbewerbsfähig gemacht wurde. Das Wetter wird zu einer immer unberechenbareren Variable für Events und Sportler.
Psychische Aspekte des Klimawandel
Die Klimakrise löst im Leistungssport aber nicht nur Unwägbarkeiten und Hürden bei Sportereignissen und suboptimalen Trainingsbedingungen aus. Es kommen manifeste psychische Belastungen hinzu, die die gesamte Gesellschaft und damit auch die Spitzenathleten betreffen.In Zusammenhang mit Umweltfaktoren und ihren Folgen hat sich in der Psychologie eine neue, innovative Forschungsrichtung etabliert.
Dabei geistert derzeit der ungewöhnliche Begriff „Solastalgie“ durch die Köpfe von Trainern und Topverbänden. Dieser vom Naturphilosophen Glenn Albrecht geprägte Neologismus beschreibt eine Art trauergefärbte Reaktion über den subjektiv erlebten Verlust der Lebenswelten unter anderem durch den Klimawandel. Während Nostalgie auf die Vergangenheit gerichtet ist, bezieht sich die Solastagie auf die Gegenwart und Zukunft. Natürliche Ereignisse wie Stürme, Überflutungen oder Dürren werden von menschengemachten Faktoren unterschieden. Im Bericht der Lancet Commission on Health and Climate Change vor einigen Jahren wird Solastalgie tatsächlich zu den Auswirkungen der Klimakrise für die psychische und soziale Gesundheit aufgeführt.
Man muss sich vor Augen führen: Ein Viertel der deutschen Bevölkerung erleidet jährlich psychische Störungen, Tendenz steigend. Gleichzeitig manifestieren sich Dreiviertel der psychischen Erkrankungen vor dem 25. Lebensjahr, besonders betroffen sind also Jugendliche und Heranwachsende. In diese Altersrisikogruppe fällt auch der deutsche Spitzensport.
Wenn die Klimakrise demnach psychischen Krankheiten Vorschub leistet, tut sie dies auch bei jungen Athleten. Die Ängste junger Menschen, möglicherweise in absehbarer Zeit auf einem nur noch begrenzt bewohnbaren Planeten zu leben, betrifft selbstverständlich auch Leistungssportler, die ihr Streben an exzellenten Ausnahmeleistungen ausrichten. Veränderungen des Klimas und unsere damit verbundenen Sorgen haben damit auch Konsequenzen für die Praxis im Sport.
Der gesamte Sportbetrieb müsste nachhaltiger werden
Der Sport sollte auf beide Phänomene reagieren: Veranstaltungen, die unter Hitze und Trockenheit im Sommer sowie Schneemangel und zu warmen Temperaturen im Winter leiden. Und Sportler, deren psychische Stabilität genauso wie bei vielen anderen jungen Menschen durch die vielen schlechten Nachrichten zum Klimawandel leidet.Noch ist nicht in der Breite sichtbar, dass sich der hochprofessionelle Sportbetrieb mit seinem durchgetakteten Kalender an Großereignissen auf diese neuen Situationen einstellt. Bislang macht der Profisport so weiter wie bisher. Doch wie lange noch?
Ein Lichtblick ist der Deutsche Fußball Bund. Die DFL hat als erste Sportliga der Welt Nachhaltigkeit als Lizenzkriterium aufgenommen, Nachhaltigkeitsziele verabschiedet und ein Nachhaltigkeitsforum ausgerichtet. Der DFB stellte die erste Runde des DFB-Pokals unter das Motto "Aktionsspieltag Klimaschutz". Immerhin!
Zur Person:
Dr. Christian Graz ist Chefarzt der Psychosomatik der Max Grundig Klinik auf der Bühlerhöhe. Graz ist Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Verhaltenstherapeut, Suchtmediziner und Forensiker, der langjährig Führungskräfte wie auch Berufssportler behandelt. Auf netzathleten.de gibt er in seiner Reihe "Fit mit Köpfchen" mentale Tipps für mehr Fitness und Leistungsfähigkeit.