Interview mit Langläufer Jens Filbrich
- Jens Filbrich
Netzathleten: Hallo Jens. Fangen wir mal ganz früh an… Wie bist Du denn überhaupt zum Langlauf gekommen?
Naja, ich komme aus Oberhof und das ist ja eine Wintersport-Hochburg und somit bin ich praktisch schon als kleiner Junge im Schnee aufgewachsen. Auch meine Eltern waren früher selbst Skilangläufer und von daher wurde mir der Wintersport praktisch in die Wiege gelegt. Über die Schule bin ich dann in das Trainingszentrum gekommen und habe dann in einer Trainingsgruppe angefangen.
Netzathleten: Warum hast Du Dich für Langlauf entschieden? Warum nicht Alpin oder Biathlon?
Jens Filbrich: Genau sagen kann ich das nicht. Aber ich würde es damit erklären, dass meine Eltern selbst auch Langläufer waren. Meine Mutter war sehr erfolgreich, hat Medaillen bei Weltmeisterschaften und olympischen Spielen gewonnen. Da habe ich schon immer ein bisschen aufgeschaut und wollte ihr einfach nacheifern. Ich habe nie irgendeine andere Sportart im Kopf gehabt. Ich war von Anfang an Langläufer und es hat auch immer Spaß gemacht. Dazu war ich auch noch immer recht erfolgreich und so kam eins zum anderen.
Netzathleten: Bei der WM2007 hast Du Bronze über die 50 Kilometer gewonnen. Was verbindest Du mit diesem Erfolg und was ist danach in Dir vorgegangen?
Jens Filbrich: Diese Medaille ist mein größter persönlicher Erfolg, weil es meine bisher einzige Einzelmedaille ist, die ich erringen konnte. Sie ist zudem eine ganz besondere Medaille, da ich im Wettkampf davor (30 km Verfolgung) ganz knapp Vierter geworden bin. - Pietro Piller Cottrer hatte mich im Zielspurt noch überholt. Auch meine großen Hoffnungen auf die Staffel hatten sich nicht erfüllt. Wir sind ebenfalls „nur“ Vierter geworden. Dann habe ich schon gedacht: „Oh Mann, das kann ja nicht wahr sein. Jetzt bist du so gut drauf und fährst wahrscheinlich ohne Medaille nach Hause“. Trotzdem habe ich natürlich auf die 50 Kilometer gehofft, denn schließlich wurden sie im klassischen Stil gefahren und ich bin der Klassik-Spezialist bei uns im Team. Deshalb habe ich zwar schon daran geglaubt, dass auch eine Medaille drin ist. Aber gerade bei 50 Kilometern kann so viel passieren. Da kann man nur hoffen, dass da alles gut geht, dass das Material hält und die Tagesform passt. Und zum Glück war das bei mir so. Nach dem Rennen war ich überglücklich, dass ich überhaupt eine Einzelmedaille geholt habe. Und dass es dann auch noch über 50 km war, ist schon etwas ganz besonderes.
Netzathleten: An was denkt man während 50 Kilometern rennen eigentlich?
Jens Filbrich: Seit aus dem 50 km Einzelstart ein 50 km Massenstart wurde, läuft man die ganze Zeit Mann gegen Mann. Dabei ist man weniger mit der Streckenlänge beschäftigt. Vom Kopf her ist man viel mehr in der jeweiligen Rennsituation dabei. Ich denke eigentlich nur von Kilometer zu Kilometer.
Netzathleten: Als Langläufer kommt man ja relativ viel rum in der Welt. Hast Du eine Lieblingsstrecke?
Jens Filbrich: Ja also über die Jahre hinweg merkt man schon, wo man gerne läuft oder wo man meistens erfolgreich ist. Bei mir ist das zum einen Kousamo in Finnland, wo ich schon ganz oft in den Top 10 oder sogar auf dem Podium war. Besonders gerne laufe ich noch in Val di Fiemme. Da ist immer das Tour de Ski Finale und außerdem war ich auch auf dieser Strecke immer gut und habe dort 2003 eine super WM gehabt.
Netzathleten: Hast du Rituale vorm Wettkampf?
Jens Filbrich: Man hat sicherlich so ein paar kleine Macken. Ich ziehe immer alles zuerst mit dem rechten Fuß an. Außerdem habe ich meine eigene Wettkampfbekleidung und Wettkampfunterwäsche. Die trage ich wirklich nur am Wettkampftag selbst. Sonst gibt es aber keine wirklichen Besonderheiten, das sind wirklich nur Kleinigkeiten.
Netzathleten: Kommen wir zu dieser Saison. An welchen Wettkämpfen planst Du in der kommenden Saison teilzunehmen?
Jens Filbrich: Das ist schwierig. Absoluter Höhepunkt ist dieses Jahr natürlich Olympia in Vancouver. Darauf liegt mein Fokus. Und deshalb muss man natürlich aufpassen, dass man sich nicht verzettelt indem man zuvor zu viele Weltcuprennen bestreitet und dann körperlich nicht mehr in Topform ist. Außerdem muss man eine zusätzliche Trainingsphase einbauen. Dazu kommt noch die Tour de Ski, die den absoluten Höhepunkt darstellt, was den Weltcup angeht. Es gibt also dieses Jahr zwei Höhepunkte, wobei Olympia bei mir absolut an erster Stelle steht. Trotzdem bereite ich mich auf die Tour de Ski vor und werde versuchen sie gut zu laufen. Denn wenn man die Tour de Ski erfolgreich gestaltet, dann ist man auch im Gesamtweltcup vorne mit dabei. Nach der Tour de Ski kommt dann die Olympiavorbereitung. Man geht aus den Weltcups raus und ab ins Training.
Netzathleten: Du hast die Trainingsphasen bereits angesprochen. Wie läuft die Vorbereitung im Moment?
Jens Filbrich: Der Langläufer wird im Sommer gemacht, sagt man bei uns. Das heißt, viel Ausdauer steht auf dem Programm, sowohl mit Skirollern als auch zu Fuß. Wir haben hier in Oberhof aber jetzt auch eine neue Skihalle, in der man richtig Skilaufen kann. Insofern werden gerade richtig Kilometer geschrubbt. Insgesamt läuft alles nach Plan. Das wichtigste ist ja immer verletzungsfrei und gesund zu sein und das ist eigentlich der Fall.
Netzathleten: Wie sieht die Skihalle von der du gesprochen hast aus?
Also das ist eigentlich eine tunnelartige Konstruktion, die 1,9 Kilometer lang ist. Man kann dort den klassischen Stil und Skating trainieren. Selbst für Anstiege und Abfahrten ist gesorgt. Der Schnee ist vom letzten Winter und innen herrscht eine Temperatur von -2°C. Man kann also schön bei konstanten Bedingungen trainieren.
Netzathleten: Kommen wir zu Olympia…Weißt Du schon wie die konkrete Olympiavorbereitung aussehen wird?
Jens Filbrich: So ganz genau ins Detail kann ich da jetzt noch nicht gehen, weil ich erstmal die Tour de Ski laufen werde und sehen muss, wie ich die Tour kräftemäßig verdaue. Acht Rennen in zehn Tagen sind schon extrem anstrengend. Danach wird dann aber nochmal hart an der Ausdauer trainiert und es werden nochmal viele Kilometer gelaufen. Ende Januar werden wir nach Vancouver aufbrechen, um uns dort zu akklimatisieren. Vor Ort werden wir dann den Feinschliff vornehmen.
Netzathleten: Apropos Feinschliff… Den diesjährigen Weltcup in Vancouver hast Du ja verpasst, beziehungsweise nach der Tour de Ski die Regeneration in den Vordergrund gestellt. Hast Du denn inzwischen schon mal erste Erfahrungen auf der Strecke machen können?
Jens Filbrich: Nein, habe ich noch nicht. Wie schon richtig bemerkt, sind wir zu Hause geblieben und haben nicht an der Vorolympiade teilgenommen. Aber es ist meiner Meinung nach auch nicht zwingend notwendig dort gewesen zu sein, da die Strecken nicht besonders hoch liegen. Wir Athleten brauchen da also keine Anpassung mehr. Wichtiger war es, dass die Techniker schon einmal dort waren, damit die wissen welches Material man einsetzten muss oder auf welches Wetter man stoßen kann. Ich denke 10 bis 14 Tage vor den Spielen reichen aus, um sich alles anzugucken und sich mit der Strecke vertraut zu machen.
Netzathleten: Was sind Deine Ziele für Olympia?
Jens Filbrich: Ich hab‘s bisher immer geschafft, bei Höhepunkten eine Medaille mit nach Hause zu bringen und das ist auch dieses Mal wieder das Ziel – egal in welcher Farbe, egal in welcher Disziplin! Außerdem ist für mich die Staffel sehr wichtig. Ich möchte mich wieder reinkämpfen und schauen, dass ich dabei bin. Und am letzten Tag ist dann, wie schon in Sapporo 2007, der 50 Kilometer Massenstart im klassischen Stil. Da würde ich doch gerne auch wieder um eine Einzelmedaille mitkämpfen.
Netzathleten: Und welche Chancen rechnest Du Dir konkret aus?
Jens Filbrich: Man muss natürlich an sich glauben und positiv denken. Und ich denke schon, dass ich, wenn die Form stimmt, auf jeden Fall unter die Top 10 laufen kann. Wenn alles bombastisch läuft, kann ich sicherlich auch wieder an eine Medaille ranschnuppern.
Netzathleten: Ok, Jens. Vielen Dank für das nette Gespräch. Viel Erfolg für die kommende Saison und alles Gute.
Jens Filbrich: Alles klar. Vielen Dank.
Das Interview führte Nils Borgstedt
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Star Vita:
Jens Filbrich wurde 1979 in Suhl (Thüringen) geboren. Jens gewann in seiner Laufbahn bei Olympischen Winterspielen Bronze (2002) und Silber (2006) mit der 4x10km Staffel. Bei Weltmeisterschaften konnte er ebenfalls mit der Staffel Silber- und Bronzemedaillen erringen. Sein größter Einzelerfolg war die Bronzemedaille über 50 km im klassischen Stil bei der Weltmeisterschaft 2007 in Sapporo.
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Star Erfolge:
Bronzemedaille WM 2007, Silbermedaille Olympia 2006,