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Wie im Training - Was heißt mentale Stärke?

  • Christian Riedel
Immer wieder hört man, dass wichtige Spiele im Kopf gewonnen werden. Entscheidend ist hier die mentale Stärke. Aber was bedeutet es, mental stark zu sein und wie kann man das trainieren? Antworten darauf gibt Sportpsychologe Jürgen Walter.

Wenn einem im Wettkampf alles gelingt, läuft es dem Spruch nach wie im Training. Hier könnte man sich die berechtigte Frage stellen, was sich im Wettkampf so sehr verändert, dass man nicht mehr so befreit wie im Training aufspielen kann. Genau damit beschäftigt sich das mentale Training, wie Sportpsychologe Jürgen Walter im Interview erklärt.

Netzathleten: Überall hört und liest man von mentaler Stärke. Aber was heißt das überhaupt?
Jürgen Walter:
Es ist im Grund ganz einfach. Mentale Stärke heißt, dass ich das, was ich im Training leiste, auch abrufen kann, wenn es drauf ankommt. Ich bringe also meine volle Leistung, egal ob es im Training oder im Wettkampf ist.

Netzathleten: Warum haben hier viele Leute Probleme?
Jürgen Walter:
Viele Sportler sagen, dass der Druck im Wettkampf viel größer ist. Ich stelle mich dann ganz dumm und frage, welcher Druck. Bei Spitzensportlern bekommt man dann eigentlich immer die gleichen Antworten, nämlich die Öffentlichkeit, die Medien, die Mannschaft und der Trainer. Aber wenn man einmal genauer nachfragt, merkt man schnell, dass der Sportler sich im Wettkampf eigentlich immer selber unter Druck setzt. Ganz selten ist beispielsweise der Fall, dass wenn man eine Qualifikation nicht schafft, man aus dem Kader fliegt oder Ähnliches. Das wäre schon dramatisch ist aber ganz selten der Fall. Meistens drohen gar keine Konsequenzen, sondern man setzt sich eben selber unter Druck. Dann kommen irrationale Gedanken dazu, dass andere schlecht über einen reden oder man keine leichten Fehler machen will. Aber das passiert nur im eigenen Kopf. Und das verstehen die Sportler auch relativ schnell und daran kann man dann arbeiten. Man muss also die irrationalen Gedanken loswerden, die einen im Kopf bremsen.

Netzathleten: Wie sieht es denn mit Hobbysportlern aus? Die bringen ihre Trainingsleistung ja auch nicht immer, die Öffentlichkeit oder die Medien spielen in der Kreisliga ja aber keine Rolle.
Jürgen Walter:
Das ist aber grundsätzlich das gleiche Prinzip und ich sage dann immer so schön, ob man der schlechteste in seinem Verein ist oder der beste der Welt, man muss sich immer damit beschäftigen, was zwischen den Ohren passiert. Und man will ja im Wettkampf immer seine beste Leistung zeigen.

Netzathleten: Und warum haben dann Hobbysportler öfter Probleme, ihre Trainingsleistung im Wettkampf umzusetzen?
Jürgen Walter:
Die wollen ja trotzdem siegen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten zeigen, was sie können und bauen sich selber entsprechend Druck auf. Man definiert sich ja auch öfter über sportlichen Erfolg.

Netzathleten: Und wie kann ich das erreichen? Kann man mentale Stärke auch trainieren?
Jürgen Walter:
Zuerst muss man sich fragen, ob der Sportler auch wirklich mit dem Kopf bei sich ist. Oft gibt man für Misserfolge externen Gründen die Schuld wie z.B. es ist zu kalt, der Boden war zu nass oder man hatte Gegenwind. Man schiebt schnell die Schuld auf andere und dann muss man sich nicht mit sich selber auseinandersetzen. Oft sucht man auch die Schuld bei sich, für die man nichts kann. Man ist schlecht drauf oder die Wade zieht. Auch gibt man sich nicht wirklich selber die Schuld für schlechte Leistung sondern sucht sie bei Faktoren, die man nicht ändern kann. Das ist eine Art Schutz, die auch nicht verboten ist, aber wenn man immer wieder Spiele verliert, die man eigentlich nicht verlieren dürfte, dann fängt man an, sich mit sich selber zu beschäftigen. Und dann kann man als Sportpsychologe auch helfen. Als erfolgreicher Sportler, egal in welcher Klasse, muss ich daran arbeiten, dass ich meine Gedanken erkenne, wenn sie negativ sind, um entsprechend darauf reagieren zu können. Hier hilft ein Gedankenstopp bei dem ich mir das herhole, was ich brauche. Und das ist, alles Negative zu vergessen, was passiert ist und mich nur auf die nächste Situation zu konzentrieren, dass die nächste Aktion gut wird. Wenn der Sportler merkt, dass er sich mit negativen Ereignissen beschäftigt, kann er zum „Gedankenstopp“ greifen und seine negativen Gedanken zum Beispiel symbolisch an die nächste Wolke hängen um sich dann wieder positiv gestärkt und mit freien Kopf mit der nächsten sportlichen Aktion beschäftigen.

Netzathleten: Kann man mentale Stärke auch außerhalb des Wettkampfes trainieren?
Jürgen Walter:
Das geht sogar sehr gut. Zum einen kann man sich bestimmte Situationen zuhause vorstellen und sich überlegen, wie man sich darin verhält, ob man beispielsweise rechts oder links an einem Gegenspieler vorbei geht oder wie die Bewegung beim Aufschlag aussieht. So festigt man Bewegungen und lernt, besser in bestimmten Situationen richtig zu reagieren. Zum anderen kann man sich bestimmte Spielsituationen vorstellen, wie hohe Führungen oder große Rückstände, und wie man am besten damit umgeht. Gerade wenn es dann nicht so läuft, wenn man beispielsweise dabei ist, hohe Führungen aus der Hand zu geben. Wer sich damit befasst und dann im Wettkampf damit konfrontiert wird, weiß in der Regel besser, wie man damit umgehen kann.

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