Edwin van der Sar zur WM in Brasilien

Frage: Was ist Ihre beste Erinnerung an eine Weltmeisterschaft als Spieler?
Van der Sar: Die Weltmeisterschaft von 1998. Wir haben im Halbfinale gegen Brasilien gespielt und das Wetter in Marseille war unglaublich. Blauer Himmel, die Tribünen waren offen. Da war das gelb von Brasilien, das orange von Holland, zwei Teams voller talentierter Spieler und ein spannendes Spiel. Das war das Highlight meiner Weltmeisterschaft-Karriere. Aber gleichzeitig auch die größte Enttäuschung, weil wir in der Nachspielzeit verloren haben. Näher an ein Finale bin ich nicht gekommen.

Frage: Holland wurde 1974, 1978 und 2010 Zweiter. Hat sich die Nationalmannschaft seitdem verbessert, sodass sie die nächste Stufe erreichen können?
Van der Sar: Es sind nicht viele Spieler übrig geblieben, die in Südafrika das Finale gespielt haben. Louis van Gaal hat viel verändert, seit er dabei ist. Er will eine Menge junger Spieler rausbringen. Er hat das System von 4-3-3 auf 5-3-2 oder 3-4-3 geändert, hat es ein bisschen angeglichen. Die Qualität von Louis van Gaal liegt darin, dass er lange und ausdauernd mit den Spielern arbeitet, anstatt drei oder vier Tage vor einem Qualifikationsspiel etwas zu tun. Er hat Zeit, um an dem richtigen System für die Spieler zu feilen.

Frage: Aus der Sicht eines Torwarts: welche Torhüter werden Sie sich bei der WM genauer ansehen?
Van der Sar: Die Situation von Casillas ist interessant. Anfangs war er der beste Spieler Reals, der nicht in der ersten 11 war, weil er nur Champions League und Pokal spielte und die anderen in der Liga im Tor standen. Aber jetzt haben sie den Pokal gewonnen und er steht im Champions League Finale. Ich denke, er nimmt nach wie vor eine sehr starke Position im spanischen Team ein. Dann gibt‘s immer noch Buffon für Italien. Und ich freue mich auf Courtois. Noch vor vier Jahren war er der, ich glaube, fünfte Torhüter bei einem kleinen Club in Belgien. Aufgrund von Verletzungen zweier Konkurrenten bekam er die Chance, in die Mannschaft zu kommen. Es folgte ein unglaublicher Aufstieg von einem kleinen belgischen Club zu Chelsea. Das hat ihm den Erfolg eingebracht, den er jetzt bei Atlético Madrid hat. Ich freue mich darauf, ihn jetzt mit guten Leistungen im belgischen Team zu sehen.

Frage: Wie sehen Sie den Brasilianer Júlio César?
Van der Sar: Natürlich hatte er eine großartige Karriere in Italien. Aber in einem Team kann nur ein Torhüter spielen: Also entschied er sich zu den Queens Park Rangers in die Premier League zu wechseln. Ich war überrascht als er degradiert wurde, aber seine Qualität wurde nicht gebraucht. Zumindest spielt er in Toronto auf höchstem Niveau. Aber ich glaube, Brasilianer können sich auf Weltmeisterschaften und wichtige Spiele konzentrieren, es wird für ihn kein Problem sein, in seinem Heimatland auf höchstem Niveau zu spielen.

Frage: Viele Leute sagen, es wäre schwierig für ein europäisches Team, in Südamerika zu gewinnen.
Van der Sar: 1999 haben wir mit der Nationalmannschaft eine kleine Tour in Brasilien gemacht und haben zwei Spiele gegen Brasilien gespielt. Ich denke, Brasilien ist der klare Favorit. Allein wegen dem Wetter, der Luftfeuchtigkeit, der Wärme, der Erwartungshaltung der Menschen. Und außerdem haben sie so viele gute Spieler, dass sie daraus zwei oder drei Nationalteams bilden könnten. Ich denke, es wird sehr schwer für ein europäisches Team, in das Finale zu kommen und zu gewinnen. Ich glaube, Brasilien wird zum sechsten Mal Weltmeister.

Frage: Wer wird der beste Spieler der WM?
Van der Sar: Mein Freund Cristiano Ronaldo. Ich habe 2006 und 2008 ein paar Mal gegen ihn gespielt. Wir haben immer verloren und ich denke, es ist nur fair zu sagen, dass Ronnie einer der besten Torschützen in dem Wettkampf sein könnte.

Quelle: Laureus.com