Die schnellste Frau Europas - Verena Sailer
- Anja Rau
11,10 Sekunden über 100 Meter, das schafft nicht jede. Mit dieser Zeit wurde Verena Sailer 2010 Europameisterin. Es ist ihre persönliche Bestleistung. Das, was an jenem lauen Sommerabend im Juli 2010 geschah, ist das größte, was ihr bisher als Sprinterin gelang. Nach einem verletzungsreichen Jahr 2011 allerdings ist für Verena Sailer die Titelverteidigung morgen Abend kein absolutes Muss – schön wäre sie allemal. Vor allem, weil die frisch gebackene Deutsche Meisterin selbst hofft, dass bei einem Höhepunkt eine neue Bestzeit herausspringt. Doch die Konkurrenz ist stark, sieben Europäerinnen sind in diesem Jahr bereits unter 11,25 Sekunden geblieben.
Olympia-Norm bereits erfüllt
Bereits Anfang Juni hat die Mannheimerin die Olympia-Norm (11,25 sec) um sechs Hundertstel unterboten und somit einen Startplatz in London sicher. Es ist ihr erster Einzelstart bei Olympia, 2008 ist sie nur mit der Staffel an den Start gegangen. Auch deswegen ist London etwas ganz besonderes. Trotzdem empfindet sie die EM im Vorfeld nicht als störend. Es sind zwei verschiedene Wettkämpfe, auf die sie sich ganz normal vorbereitet: „Zwischen EM und Olympia findet noch einmal ein Neuaufbau statt. Ich gehe ganz normal ins Training“, erklärt Sailer ihre Vorbereitung. Wenn sie sich allerdings entscheiden muss, gibt es eine Hierarchie zwischen EM und Olympia: „Klar, bei der EM habe ich bessere Chancen, aber Olympia schwebt über allem. Die Olympischen Spiele sind das Highlight 2012, das merkt man sogar trotz der Fußball-EM.“
Allerdings ist es völlig unklar, wie die Olympischen Spiele verlaufen werden. Bereits der Qualifikationsmodus macht die 100 Meter zur Lotterie. Es kann passieren, dass alle Favoritinnen auf den Olympiasieg in einen Vorlauf kommen, dann sind nur die Schnellsten der Schnellen weiter. Sailer verdeutlicht: „Es kann sein, dass ich auch noch schneller als die 11,10 Sekunden laufe und trotzdem nicht im Finale bin. Es ist möglich, dass ich mit dieser Zeit in meinem Lauf nur Fünfte werde.“
Jetzt aber liegt der Fokus zuallererst auf der EM. Morgen alles geben, um erfolgreich durch den Vorlauf und das Halbfinale zu kommen und im Finale am Donnerstag hoffen, dass auch das Quäntchen Glück auf Seiten von Verena Sailer ist.
Nationale Konkurrenz macht Druck
Verena Sailer ist aber nicht die einzige Deutsche, die bei den Europameisterschaften und Olympischen Spielen an den Start gehen wird. Auch die erst 19-jährige Tatjana Pinto ist in dieser Saison bereits 11,19 Sekunden gesprintet. Für sie geht es in ihrer ersten „Erwachsenen“-Saison vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln, doch der Einzug ins Finale der EM ist nicht unmöglich. Dritte EM-Starterin ist Anne Cibis, für die das Finale aber schon eine Überraschung wäre. Deutschlands Beste, Verena Sailer, freut sich über die starke nationale Konkurrenz: „Konkurrenz belebt das Geschäft. Man muss auch immer bedenken, dass das für unsere Staffel sehr gut ist.“ Mit der möchte sie bei der EM ein Wörtchen mitreden, was nicht unrealistisch ist. Nur dafür muss der Staffelstab nach zwei verpatzten internationalen Meisterschaften endlich mal wieder das Ziel erreichen. Ist das geschafft, ist auch der Finaleinzug bei den Olympischen Spielen möglich.
Die Krönung wäre aller Staffelerfolge zum Trotz die Verteidigung der europäischen Sprintkrone. Sollte Verena Sailer dies gelingen, würde zu der Erinnerung an den lauen Sommerabend in Barcelona wohl auch die an den Abend in Helsinki hinzukommen.
Zeitplan:
Am Mittwoch um 10 Uhr beginnen die Vorläufe über 100 Meter der Frauen, die Halbfinals folgen abends um 20:05 Uhr. Das Finale der Königsdisziplin findet am Donnerstag um 18:30 Uhr statt.
Die Staffel-Vorläufe der Frauen gehen Samstag ab 13:05 Uhr über die Bühne, der Finallauf am Sonntag um 17:05 Uhr.