Carving-Ski und ihre Geschichte Laura Preis

Carving-Ski und ihre Geschichte

Wie auf Schienen gleiten – das war der Traum vieler Skifahrer als das Skifahren immer schneller, immer spektakulärer wurde. Mitte des 20. Jahrhunderts war das. Und das ist auch die Zeit, in der bereits erste Carving-Ski das Licht der Welt erblickten.

Wie funktioniert ein Carving-Ski?

Die Funktionsweise eines Carving-Skis beruht auf physikalischen Gesetzen. Damit man einen geschnittenen Schwung, also einen Schwung auf der Kante, erreicht – und nichts anderes ist beim Carven der Fall – muss der Ski eine gewisse Taillierung und eine gewisse Durchbiegung, die Flex, aufweisen. Diese zwei Komponenten sind verantwortlich für den Bogenradius des Skis.

Limitiert wird die Stärke der Taillierung durch die minimale Breite im Bindungsbereich. Sie muss so gewählt sein, dass Bindung und Skischuh bei maximalem Aufkantwinkel keinen Bodenkontakt haben. Aus der Taillierung ergeben sich dann zwangsläufig die Breite an Schaufel und Heck. Für die Wahl von Skilänge und Taillierung lässt sich vereinfacht sagen: Je kleiner die Bögen sein sollen und je geringer dadurch die Geschwindigkeit, desto stärker tailliert und kürzer ist der Ski. Je höher die gewünschte Geschwindigkeit und entsprechend größer die Bögen, desto weniger tailliert und länger muss der Ski sein.

Durch die hohen Drehimpulse, die auf einen Carving-Ski wirken, muss er deutlich stabiler gebaut sein, als frühere Latten. Er muss sich einerseits so biegen, dass eine möglichst gleichmäßige Belastung mit dem Untergrund eintritt und andererseits eine so große Torsionssteifigkeit aufweisen, dass ein Wegdrehen des Skis verhindert wird. Torsionssteifigkeit beschreibt die „Härte“ eines Skis. Je weicher ein Ski ist, desto mehr verwindet er sich, desto weniger greifen die Kanten an Schaufel und Skiende und desto schlechter lässt sich carven. Aber: Desto fehlerverzeihender ist der Ski auch.

Die Entwicklung des Carving-Ski

Einen entscheidenden Anstoß, Carving-Ski für den breiten Markt zu bauen, hat das Snowboard gegeben, das in den späten 80er und frühen 90er Jahren einen enormen Aufschwung erlebte. Vor allem das Gleiten auf der Kante und das damit verbundene Gefühl, wie auf Schienen um die Kurve zu ziehen, sorgten für Furore. Seit Mitte der 1990er Jahren haben Carving-Ski die Pisten fest im Griff. Praktisch alle Ski weisen heute entsprechende Eigenschaften auf. Dabei ist die Taillierung nicht die ausschlaggebende Komponente. Taillierte Ski sind schließlich schon aus den Anfängen der Skifahrerei bekannt, Stichwort: Telemarkschweifung.  Es ist vielmehr das gesamte Zusammenspiel von Taillierung, Länge und Material, das den Carving-Ski zum Carving-Ski macht.

Doch auch diese Entwicklung ist kein Kind der 90er Jahre. Schon seit den 1960er und 1970er Jahren wurde an Carving-Ski getüftelt und entsprechende Patente eingereicht und erteilt. Zvone Debeljak reicht ein Patent auf einen extrem taillierten Ski bereits 1960 in Jugoslawien ein. Hans Zeilinger et. al. reichen 1970 ein Patent ein, in dem ein Ski beschrieben wird, der im Grunde dem heutigen Carving-Ski entspricht, legt man die Biegelinie und Torsionssteifigkeit als die entscheidenden Eigenschaften zu Grunde. (vgl. DT2063167) Um diese Eigenschaften zu erreichen, setzten die Entwickler erstmals die Carbonfaser-Technologie beim Skibau ein. Freilich wurde der von Zeilinger und seinen Kollegen entwickelte Ski noch nicht als Carving-Ski bezeichnet, dieser Name entstand erst später. Bei den Skifabrikanten blitzten Zeilinger und seine Kollegen übrigens ab. „Die Zeit war anscheinend noch nicht reif“, erzählt uns der heute 79-Jährige.

Ein weiterer Pionier des Carving-Ski ist der Österreicher Reinhard Fischer, der einen entscheidenden Beitrag zur (Weiter-)Entwicklung und vor allem der Verbreitung der Carving-Ski geleistet hat. Auch Fischer tüftelte seit den 1970er Jahren an einem Carving-Ski. Seine Geschichte, dass er ein Snowboard zersägte und so quasi einen Ur-Carver schuf, ist inzwischen legendär. Aber Fischer hat mehr getan als einen exakten Schnitt durch ein Board. Fischer hat weiter getüftelt, den Carving-Ski immer weiter optimiert und schließlich mit dem Snowrider den ersten Carver salonfähig gemacht – produziert hat er ihn übrigens in der kleinen Skifabrik VR-Ski im Erzgebirge. (Schön nachzulesen in diesem Bericht der ZEIT von 1997). Seine Weiterentwicklungen hat er sich 1993 auch patentieren lassen. (vgl. AT000322U1). Mit seinen Ideen blitzte aber auch Fischer bei der Industrie immer wieder ab.

Die Firma Kneissl war der erste Skihersteller, der sich auf die Ideen und Entdeckungen der Pioniere besann und mit dem Ergo 1991 einen Carving-Ski in die Läden brachte. Als die Lage der Skifirmen immer schlechter wurde, auch langjährige Skifahrer auf das Snowboard umstiegen und die junge Generation beinahe ausschließlich mit einem Brett unterwegs war, zog die gesamte Industrie nach. 1997 ist der Carving-Ski der neue Skistandard. Und die Skibranche verdient gut daran. Die Pioniere hingegen haben wenig vom Kuchen abbekommen. Reinhard Fischer bekam lediglich 20.000 Schilling (etwa 1400 Euro) für die Nutzung seines Patents, wie er dem Kurier erzählte.

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