Trainingseinsichten Peplies Consult
Die Kolumne von Eric Frenzel

Trainingseinsichten

  • Eric Frenzel
„Schau mal, Emma, da ist er wieder“ bemerkt mein Sohn Leopold und stößt seine Schwester Emma leicht an der Schulter an. „Ja, das macht aber nichts, der Papa ist der Schnellste, den kriegt keiner“ entgegnet Emma kurz und durchaus etwas schnippisch. Meine Kinder sind mit Laura nach Seefeld gereist, wo ich seit Tagen unter perfekten Bedingungen trainieren kann, nachdem die Weltcups in Chaux Neuve und Klingenthal zunächst abgesagt worden sind. 
Emma und Leopold haben sich mit Skiern an der Loipe postiert und kommentieren neben dem von ihnen errichten Schneemann meinen Trainingslauf, der auf Ausdauer ausgerichtet ist: 10 km stehen auf dem Programm, die auf einem zwar hohen Niveau, aber nicht mit Spitzenintensität angegangen werden. Während ich lief, begannen auch die österreichischen Weltcupstarter mit Trainingsläufen, allerdings standen bei Ihnen Sprintintervalle auf dem Programm, insbesondere bei Johannes Lamparter, seines Zeichens amtierender Weltmeister.

Zwar sind meine beiden Kleinsten durchaus mit Expertise gesegnet, wenn es um Wintersport allgemein und um die Nordische Kombination im Besonderen geht, doch ohne Briefing und Hintergrundwissen werden Situationen auch schon mal falsch eingeschätzt und das blanke Entsetzen überwiegt, wenn die österreichische Phalanx, wie hier geschehen, zum Sprint ansetzt.

„Schau mal, Emma, da ist er schon wieder und der Papa ist immer noch nicht da!“ versucht Leopold seiner Schwester das Grundproblem des heutigen Trainingstags nahezubringen. Doch Emma lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und lebt ihren Vaterglauben: „ Der hat abgekürzt und wird disqualifiziert, so!“ Mit dieser Antwort lässt sich Leopold nicht überzeugen und versucht Emma wiederum klar zu machen, dass sie bitte nur einmal hin schauen und die Bewegungen des Österreichers mit denen des Vaters vergleichen und die entsprechenden Rückschlüsse ziehen möge.

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Doch was Emma nicht sehen will, sieht sie auch nicht und erklärt kurzerhand, dass ihr langweilig sei und dass man ohnehin schnell zurück in die Ferienwohnung müsse, weil die Mama dort auf sie warten würde.

Ich ziehe derweil weiter meine Ausdauerrunden, während in der Tat der Österreicher noch drei-viermal an mir mit hohem Tempo vorbeizieht.

Nach dem Training werde ich schon von meiner Familie erwartet, Laura und die Kinder haben eine abendliche Brotzeit in unserer Ferienwohnung gerichtet.

„Papa, hast Du gewonnen?“ fragt Emma und schmust sich an. Ich kläre alle Beteiligten auf, dass ich heute an keinem Wettkampf teilgenommen habe und dass die Österreicher schnelle Sprintintervalle und ich die Grundlagenausdauer trainiert habe. Nun ist Leopold sichtlich erleichtert und ignoriert das Überlegenheitslächeln seiner jüngeren Schwester, die mit dieser Erkenntnis zufrieden ihren persönlichen Schlusssprint des Tages ins Bett anzieht.

Mit herzlichen Grüßen
Eric Frenzel

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