Ich sehe was, was Du nicht siehst… Peplies Consult
Die Kolumne von Eric Frenzel

Ich sehe was, was Du nicht siehst…

  • Eric Frenzel
„Du musst überlegen, einfach überlegen“ erklärt Emma, unsere Jüngste, im Auto von der hinteren Sitzbank, macht eine ausschweifende Geste mit der Hand und rollt zugleich mit den Augen. Wir sind auf der Fahrt von Flossenbürg nach Seefeld, zu unserem Triple-Weltcup, der ein wenig als Vierschanzentournee der Nordischen Kombinierer angesehen werden kann und den ich seit seinem Bestehen immer mit bestritten habe. Seefeld ist der bevorzugte Weltcuport für alle Familienmitglieder und Freunde, auch weil er nur drei Stunden von uns entfernt ist.
„Papa, konzentrier Dich jetzt mal!“- ich sitze neben Laura auf dem Beifahrersitz und spiele mit Emma das bekannte Spiel „Ich sehe was , was Du nicht siehst“, was ich offensichtlich nicht unbedingt zur Zufriedenheit meiner Tochter mitspiele. „Ich sage es nochmal: es ist rot und blau, es ist schnell und man sieht es von hinten“ setzt Emma nach.

Während ich Ausschau halte nach rot-blau gestreiften Autos, die mit Vollgas überholen, kichert Emma vor sich hin. Trotz gewissenhafter Konzentration rätsele ich weiter, bis Emma sich schließlich nicht mehr vor Lachen halten kann. „Ein Norweger!“ prustet sie raus. Während ich noch überlege, ob ich überhaupt auf diese „Provokation“, die auf die derzeitige Überlegenheit und Stärke der norwegischen Kombinierer hinweisen sollte, reagiere oder ob ich es bei einer sachlichen Intervention belasse, mit der ich sie belehre, dass nur Sachen bei diesem Spiel benannt werden können, die an dem Ort, an dem wir uns gerade befinden, sichtbar sind, hat Emma sich die nächste Frage zurechtgelegt, denn, da ich den „Norweger“ nicht erraten konnte, ist sie weiter dran, die Frage nach den zu sehenden Dingen zu formulieren. „Es ist rot und weiß, es ist schnell und man sieht es von hinten“ kräht Emma, die sich schon wieder mit Kichern quasi die Selbstbestätigung gibt, einen genialen Einfall gehabt zu haben.
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Da ich als gelernter Kombinierer Emmas Methodik zur Ideenfindung schnell durchschaue, mache ich ihr den Vorschlag, dass sie diesen Beitrag wieder zurückziehen könne, da ich es sowieso wissen würde. Hintergrund der Intervention ist dabei natürlich, dass ich einfach nicht hören möchte, dass wir auch die Stärke der Österreicher in dieser Saison anerkennen müssen. Da sie sich nicht vorstellen kann, dass ich sie durchschaut habe, lässt sie sich auf einen derartigen Deal nicht ein und ist überrascht, als ich den „Österreicher“ benenne.

Ich hoffe jedenfalls auf der Rückfahrt von Seefeld Emma mit einer anderen Frage beschäftigen zu können:

„Es ist schwarz-rot-gold, es ist schnell und man sieht es von hinten“

Herzliche Grüße
Eric Frenzel

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