Faszienierend – Das muskuläre Bindegewebsnetz im Körper
- Jörg Birkel
In der Schulmedizin wurde das Thema Faszien jahrelang eher stiefmütterlich behandelt. Mediziner und Wissenschaftler maßen dem Bindegewebsnetz keinerlei Bedeutung bei. Mittlerweile ist man jedoch in der Lage, die kollagenen Strukturen des Körpers mittels neuer Messmethoden genauer zu untersuchen.
Dank Ultraschall und Co. sind wir in der Lage, detaillierte Informationen über die faszinierende Welt der Faszien zu sammeln. Dachten Sportwissenschaftler früher, dass unser Bindegewebe lediglich als Füllmaterial dient, weiß man heute, dass muskuläre Faszien an der Kraftübertragung beteiligt sind und einen beträchtlichen Anteil an unserer körperlichen Wahrnehmung haben.
Was sind eigentlich Faszien?
Zum Bindegewebe zählt im Körper alles, was Zellen verbindet. Faszien verbinden Muskeln und Knochen miteinander, umschließen Nervenstränge oder umhüllen Organe. Die kollagenen Gewebshüllen um den Muskelbauch gehören ebenso dazu wie die Sehnen.
Schneidet man eine Orange auf, bekommt man eine gute Vorstellung von unseren Faszien. Sie feine, weiße Haut umschließt die einzelnen Segmente mit dem Fruchtfleisch. Genauso umschließen auch die Faszien unsere Muskeln.
Wofür brauchen wir Faszien?
Unser Bindegewebe hat vielfältige Aufgaben. Es verbindet die Zellen im Körper miteinander. Das Bindegewebsnetz hat keinen Anfang und kein Ende. Es umspannt Organe und verbindet Muskeln mit Knochen. Zudem übernimmt das Bindegewebe eine schützende Funktion. Es schützt vor Fremdkörpern und absorbiert äußerlich auftretende Kräfte.
Außerdem funktioniert das Bindegewebe als Informations- und Transportsystem im Körper. Unsere Faszien sind sehr dich mit Nerven durchzogen und das darin befindliche Wasser übermittelt Informationen.
Das Bindegewebe besteht unter anderem aus Wasser, Kollagen und Elastin. Das Kollagen widersteht auftretenden Zugkräften, während Elastin für eine gewisse Flexibilität sorgt.
Ein faszinierendes Sinnesorgan
Unser Bindegewebe ist eng durchzogen mit Rezeptoren, die Bewegung oder Schmerz wahrnehmen und weiterleiten können. Interessanterweise hemmen sich die Rezeptoren im Bindegewebe gegenseitig: Entweder übermitteln sie Bewegung oder Schmerz. Daraus lässt sich ableiten, dass Bewegung ein wichtiger Bestandteil von Schmerztherapie sein sollte.
Auch in Bezug auf unsere Beweglichkeit spielen Faszien eine wichtige Rolle. Nach aktuellen Erkenntnissen, scheinen weniger die Muskeln, sondern viel mehr das Bindegewebe für unsere Beweglichkeit verantwortlich zu sein.
Der Mensch ist ein biologisches Wesen, welches ständigen Auf-, Um- und Abbau-Prozessen unterliegt. Das gilt auch für das Bindegewebe. Ähnlich wie unsere Muskulatur sind die Faszien trainierbar und passen sich an Bewegungsreize an oder verkümmern, wenn entsprechende Bewegungsreize ausbleiben. Verkümmern bedeutet in Bezug auf das Bindegewebe, dass wir an Elastizität verlieren und steifer werden.
In den nächsten Wochen wollen wir uns etwas eingehende mit dem Thema Faszien beschäftigen.