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Laufen mit Julia Derbfuß - Teil 2: Laufstilanalyse
Die Laufsaison hat schon begonnen, zumal bei den fast frühlingshaften Temperaturen, die derzeit herrschen. Mit Lauftechniktrainerin und Sporttherapeutin Julia Derbfuß haben wir über Laufstile und Laufstilanalysen gesprochen. Wie sieht eine optimale Laufstilanalyse aus?
netzathleten.de: Beim Laufschuhkauf werden einem ja häufig Analysen angeboten, um das richtige Schuhmodell zu finden. Wie sinnvoll schätzt Du solche Schnellanalysen ein?
Julia Derbfuß: Bei einer Laufanalyse, die auch zu einer richtigen Schuhversorgung führen soll, ist es wichtig, immer den ganzen Körper aufzunehmen. Und das meine ich wörtlich: von Kopf bis Fuß. Dabei gilt es auch bestimmte anatomische Markierungen zu setzen, aus denen sich dann Rückschlüsse ziehen lassen. Steht das Knie oder der Fuß beispielsweise in der Position, weil die Beckenstabilisatoren zu schwach sind? Man muss immer den Körper als Ganzes sehen. Ein weiteres Beispiel: Wenn oben die Arme nicht vor und zurück schwingen, sondern die Fäuste über die Körpermitte körpereinwärts nach innen rotieren, dann setzt sich diese Rotation bis unten fort. Als Antwort auf die obere Rotation wird der Unterschenkel über die Seite nach vorne geschwungen. Dadurch ergibt sich ein X-beiniges Laufbild, obwohl die Läuferin oder der Läufer ursprünglich gar keine X-Beinachse hat. Wenn jetzt die Schuhversorgung auf die X-Bein-Stellung ausgerichtet ist, hat man zwar versucht ein Problem zu beheben, aber das Ursprungsproblem ist der Fehlentwurf der Armarbeit und die daraus resultierenden Muster. Es gibt eben Konsequenzen, die aufsteigend oder absteigend sein können und daher muss man bei Schnellanalysen vorsichtig sein.
Wenn ein Läufer gar keine Probleme hat, kann man auch über die Abnutzung des alten Schuhs Rückschlüsse auf die ideale Schuhversorgung ziehen. Am genauesten ist aber immer eine ausführliche und professionelle Laufanalyse.
netzathleten.de: Und wie sieht eine professionelle Analyse dann aus?
Julia Derbfuß: Bei mir wird stets der ganze Körper aufgenommen, die Aufnahmen ausgewertet und es wird besprochen, was auffällig ist. Anschließend werden noch korrigierende Übungen gezeigt und evtl. mehrmals unter Korrektur trainiert, damit der Körper auch die motorischen Abläufe verinnerlichen kann. Am Schluss stellt sich dann die Frage: Mit welchem Schuh ist der Läufer gut versorgt? Und dabei kann sich durchaus herausstellen, dass ein Schuh mit einer starken Stütze sinnvoll sein kann, beispielsweise, wenn der Athlet oder Patient über ein insuffizientes Fußgewölbe verfügt. Aber nie alleinstehend, sondern immer in Kombination mit einem entsprechenden Training, bei dem der Fuß lernt, sich selbst wieder zu stabilisieren. Der Fuß braucht auch den Trainingsreiz. Deswegen: wenn Unterstützung mit Stützen oder Dämpfungen, dann immer auch parallel ein muskuläres Aufbautraining für den Fuß, über die Beinachse aufsteigend, propriozeptives Training, Gleichgewichtstraining, sensomotorisches Training und Barfußtraining. Würde ich nur passiv unterstützen, rüstet die Muskulatur noch mehr ab, weil sie ja entlastet wird.
Wenn man also Stabilisatoren oder passive Dämpfungssysteme braucht, dann bitte nicht dauerhaft. Man sollte versuchen den Fuß selbst fitter zu machen, denn er ist hochgradig trainierbar. In der Folge sollten die starken Dämpfungssysteme möglichst immer weiter abgerüstet werden.
netzathleten.de: Kann man trotz aller Individualität der Läufer ungefähr sagen, wie lange es dauert, bis man komplett ohne Stützelemente auskommt?
Julia Derbfuß: Ich würde das gerne so beantworten: Der Fußaufsatz ist immer eine Konsequenz des Laufstils. Wenn ich einen aktiveren Laufstil habe wie zuvor beschrieben, dann brauche automatisch weniger passive Dämpfungselementen, weil meine körpereigenen besser arbeiten können. Eine solche Verbesserung funktioniert relativ schnell. Aber für eine saubere Umstellung des Laufstils, auch mit der dazugehörigen Muskulatur, braucht man schon etwa drei bis vier Monate, bis man wirklich eine spürbare Veränderung feststellt. Die Muskulatur muss ja plötzlich anders arbeiten. Es sind andere Muskelgruppen mitbeteiligt oder die Hüftstreckung wird mehr aktiviert, was eine gewisse Grundspannung erfordert, die man sich erarbeiten muss. Aber nach dieser Zeit bemerkt man eine Veränderung der Lauftechnik und bekommt auch positive Rückmeldung vom Körper, sowie ein völlig anderes Laufgefühl.
netzathleten.de: Eine schnelle Laufstilanalyse im Laden ist also zumindest fragwürdig?
Julia Derbfuß: Das kommt immer auf die Ausbildung derjenigen an, die die Laufstilanalyse durchführen. Ich fände es in jedem Fall wichtig, dass dort auch ein medizinischer Hintergrund vorhanden ist, über funktionelle Anatomie, also Zusammenhänge der verschiedenen Bewegungselemente. Wenn jemand in dieser Beziehung gut ausgebildet ist, kann es natürlich sein, dass so jemand auch in einem Sportgeschäft zu finden ist. Aber man sollte sich vielleicht einfach vorher informieren, welche Qualität die Berater haben beziehungsweise welche Ausbildung sie durchlaufen haben.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews, in dem Julia Derbfuß erklärt, wie ein gesunder und effektiver Laufstil aussieht.
Julia Derbfuß: Bei einer Laufanalyse, die auch zu einer richtigen Schuhversorgung führen soll, ist es wichtig, immer den ganzen Körper aufzunehmen. Und das meine ich wörtlich: von Kopf bis Fuß. Dabei gilt es auch bestimmte anatomische Markierungen zu setzen, aus denen sich dann Rückschlüsse ziehen lassen. Steht das Knie oder der Fuß beispielsweise in der Position, weil die Beckenstabilisatoren zu schwach sind? Man muss immer den Körper als Ganzes sehen. Ein weiteres Beispiel: Wenn oben die Arme nicht vor und zurück schwingen, sondern die Fäuste über die Körpermitte körpereinwärts nach innen rotieren, dann setzt sich diese Rotation bis unten fort. Als Antwort auf die obere Rotation wird der Unterschenkel über die Seite nach vorne geschwungen. Dadurch ergibt sich ein X-beiniges Laufbild, obwohl die Läuferin oder der Läufer ursprünglich gar keine X-Beinachse hat. Wenn jetzt die Schuhversorgung auf die X-Bein-Stellung ausgerichtet ist, hat man zwar versucht ein Problem zu beheben, aber das Ursprungsproblem ist der Fehlentwurf der Armarbeit und die daraus resultierenden Muster. Es gibt eben Konsequenzen, die aufsteigend oder absteigend sein können und daher muss man bei Schnellanalysen vorsichtig sein.
Wenn ein Läufer gar keine Probleme hat, kann man auch über die Abnutzung des alten Schuhs Rückschlüsse auf die ideale Schuhversorgung ziehen. Am genauesten ist aber immer eine ausführliche und professionelle Laufanalyse.
netzathleten.de: Und wie sieht eine professionelle Analyse dann aus?
Julia Derbfuß: Bei mir wird stets der ganze Körper aufgenommen, die Aufnahmen ausgewertet und es wird besprochen, was auffällig ist. Anschließend werden noch korrigierende Übungen gezeigt und evtl. mehrmals unter Korrektur trainiert, damit der Körper auch die motorischen Abläufe verinnerlichen kann. Am Schluss stellt sich dann die Frage: Mit welchem Schuh ist der Läufer gut versorgt? Und dabei kann sich durchaus herausstellen, dass ein Schuh mit einer starken Stütze sinnvoll sein kann, beispielsweise, wenn der Athlet oder Patient über ein insuffizientes Fußgewölbe verfügt. Aber nie alleinstehend, sondern immer in Kombination mit einem entsprechenden Training, bei dem der Fuß lernt, sich selbst wieder zu stabilisieren. Der Fuß braucht auch den Trainingsreiz. Deswegen: wenn Unterstützung mit Stützen oder Dämpfungen, dann immer auch parallel ein muskuläres Aufbautraining für den Fuß, über die Beinachse aufsteigend, propriozeptives Training, Gleichgewichtstraining, sensomotorisches Training und Barfußtraining. Würde ich nur passiv unterstützen, rüstet die Muskulatur noch mehr ab, weil sie ja entlastet wird.
Wenn man also Stabilisatoren oder passive Dämpfungssysteme braucht, dann bitte nicht dauerhaft. Man sollte versuchen den Fuß selbst fitter zu machen, denn er ist hochgradig trainierbar. In der Folge sollten die starken Dämpfungssysteme möglichst immer weiter abgerüstet werden.
netzathleten.de: Kann man trotz aller Individualität der Läufer ungefähr sagen, wie lange es dauert, bis man komplett ohne Stützelemente auskommt?
Julia Derbfuß: Ich würde das gerne so beantworten: Der Fußaufsatz ist immer eine Konsequenz des Laufstils. Wenn ich einen aktiveren Laufstil habe wie zuvor beschrieben, dann brauche automatisch weniger passive Dämpfungselementen, weil meine körpereigenen besser arbeiten können. Eine solche Verbesserung funktioniert relativ schnell. Aber für eine saubere Umstellung des Laufstils, auch mit der dazugehörigen Muskulatur, braucht man schon etwa drei bis vier Monate, bis man wirklich eine spürbare Veränderung feststellt. Die Muskulatur muss ja plötzlich anders arbeiten. Es sind andere Muskelgruppen mitbeteiligt oder die Hüftstreckung wird mehr aktiviert, was eine gewisse Grundspannung erfordert, die man sich erarbeiten muss. Aber nach dieser Zeit bemerkt man eine Veränderung der Lauftechnik und bekommt auch positive Rückmeldung vom Körper, sowie ein völlig anderes Laufgefühl.
netzathleten.de: Eine schnelle Laufstilanalyse im Laden ist also zumindest fragwürdig?
Julia Derbfuß: Das kommt immer auf die Ausbildung derjenigen an, die die Laufstilanalyse durchführen. Ich fände es in jedem Fall wichtig, dass dort auch ein medizinischer Hintergrund vorhanden ist, über funktionelle Anatomie, also Zusammenhänge der verschiedenen Bewegungselemente. Wenn jemand in dieser Beziehung gut ausgebildet ist, kann es natürlich sein, dass so jemand auch in einem Sportgeschäft zu finden ist. Aber man sollte sich vielleicht einfach vorher informieren, welche Qualität die Berater haben beziehungsweise welche Ausbildung sie durchlaufen haben.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews, in dem Julia Derbfuß erklärt, wie ein gesunder und effektiver Laufstil aussieht.