Cam McLeod
Winter is coming – Ski-Pro Kaylin Richardson im Interview
Bis 2010 fuhr sie im Weltcup, dann entschied sie sich, die Berge auf eigene Faust zu entdecken und zu befahren: Kaylin Richardson. Die 32-Jährige verrät im Interview, warum sie Donald Trump mit auf die Piste nehmen würde.
netzathleten.de: Kaylin – Winter is coming…
Kaylin Richardson: Ja, wie bei Game of Thrones: Winter is coming.
netzathleten.de: Was fühlst Du, wenn der erste Schnee fällt?
Kaylin Richardson: Der erste Schnee ist wie der Weihnachtsmorgen. Obwohl du weißt, dass er schmelzen wird und es wieder wärmer wird, geht dieses Kribbeln los. Der erste Schnee, der erste Hauch von Weihnachten. Man geht raus und… (Kaylin macht eine kurze Pause, atmet tief ein, die Augen strahlen) kann es regelrecht riechen. Uhhh. Die Skisaison kommt.
netzathleten.de: Und Skifahren ist Deine Passion. Warum?
Kaylin Richardson: Skifahren bedeutet totale Freiheit. Wenn du Ski fährst, bist du einfach nur im Hier und Jetzt. Dieser Moment ist das Einzige, woran du denkst. Du denkst nicht an irgendwelche Deadlines oder Alltagsprobleme oder auch nicht an die politische Situation in deinem Land. Du denkst nur an deine Fahrt und wie gut sie sich anfühlt.
netzathleten.de: Die politische Situation ist ein gutes Stichwort. Deine Heimat, die USA, hat gerade Donald Trump zum zukünftigen Präsidenten gewählt. Und er leugnet den Klimawandel. Das Skifahren selbst ist davon betroffen und Du setzt Dich für den Klimaschutz ein. Was würdest Du ihm also sagen, solltest Du ihn treffen?
Kaylin Richardson: Ich würde ihm sagen, dass ich gerne einmal mit ihm zum Skifahren gehen würde. Ich denke, wir, als weltweite Gesellschaft, müssen einen gemeinsamen Nenner finden. Wir müssen aufhören, uns auf unsere Unterschiede zu fixieren, auch wenn sie groß sein können. Ob das bei der Migration ist oder auch bei den Konflikten im Mittleren Osten. Menschen sind doch nur Menschen. Und im Grunde sind wir uns viel ähnlicher, als wir uns häufig eingestehen. Zu oft schauen die Menschen, inwieweit sie sich von anderen unterscheiden.
Das Coole beim Skifahren und Snowboarden ist das Gefühl, das man beim Fahren erfährt, diese Freude. Und sie ist immer gleich. Egal, welche Partei du wählst, egal, wie du dich fühlst, egal welche Hautfarbe du hast. Wenn man diesen gemeinsamen Nenner erreicht, kann man eine Konversation führen – und zwar auf Augenhöhe. Sollte ich also jemals die Möglichkeit haben, unseren President-Elect Donald Trump – ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen muss – zum Skifahren mitzunehmen, hoffe ich, mit ihm diese Freude teilen zu können und so eine Basis für ein Gespräch zu haben. Ich würde ihm sagen, dass der Klimawandel etwas sehr reales ist. Etwas, das ich mit meinen eigenen Augen schon beobachtet habe. In meinem kurzen Leben sehe ich Gletscher, die sich zurückziehen, erlebe ich mit, wie die Temperaturen im Winter immer weiter steigen, der Frühling in Colorado kommt zwei Wochen früher als noch in den 70ern. All das ist auch wissenschaftlich belegt. Und ich hoffe, dass es vielleicht einen Funken Hoffnung gibt, diese Entwicklung aufzuhalten.
netzathleten.de: Etwas das der Umwelt auch zusetzt, ist Heli-Skiing, wie es häufig in abgelegenen Gegenden wie Alaska durchgeführt wird. Wie stehst Du dazu?
Kaylin Richardson: (nickt) Es gibt viele Anbieter, die alles daran setzen, ihr Angebot CO2-neutral zu gestalten, also der Umwelt etwas zurückzugeben. Ich selbst liebe es, beim Skifahren meine eigene Kraft einzusetzen. Ich liebe Skitouren. Ich war letztes Jahr selbst auch in Alaska unterwegs. Und auch wir haben einen Heli genutzt, allerdings nur, um in die Gegend zu kommen. Vorort sind wir zwei Wochen lang zu Fuß unterwegs gewesen. Und das war fantastisch. Aber ja, es ist deutlich einfacher mit dem Helikopter bestimmte Plätze zu erreichen. Und ich möchte daher auch nicht sagen, dass Helikopter der Vergangenheit angehören sollten. Ich glaube, Heli-Skiing ist nicht das Problem. Natürlich ist es einfach, mit dem Finger auf Skifahrer zu zeigen, die sich für den Klimaschutz engagieren und zu sagen, sie sind genauso schuld, wie alle anderen auch. Und das stimmt auch. Doch letzten Endes steht auch fest, dass die meisten Emissionen von der Industrie verursacht werden. Es muss ein Paradigmenwechsel in unserer Energiegewinnung geben. Und der ist absolut möglich. Gerade in der heutigen Zeit kann man schnell runtergezogen werden, wenn man die Verschmutzung bedenkt. Aber man kann auch positiv in die Zukunft blicken. Denn die Lösungen für eine Veränderung sind alle da. Es ist nicht so, dass wir eine komplett neue Technologie erfinden müssten. Es gibt Elektroautos, Solarenergie, Windenergie – alles ist da. Wir müssen es nur mehr würdigen.
netzathleten.de: Alaska gilt für viele als das Mekka zum Freeriden. Wo fährst Du am liebsten Ski?
Kaylin Richardson: Mein Lieblingsskigebiet ist dort, wo meine Freunde sind und wir einen Powder-Tag haben. Ich werde oft gefragt, wo ich am liebsten Ski fahre. Und ich hatte so viele tolle Erlebnisse an so vielen tollen Orten. Aber Ende zählt, mit wem man unterwegs ist. Ich hatte Skitage mit perfekten Powder-Bedingungen aber die Crew war etwas miesepetrig. Und dann hatte ich Tage, als die Bedingungen wirklich bescheiden waren, doch die Leute, mit denen ich unterwegs war, cool drauf waren. Und dann wir hatten sooo viel Spaß und haben die ganze Zeit gelacht. Ich kann diese Frage also nicht wirklich beantworten. Im Grunde kommt es nur darauf an, mit wem du unterwegs bist.
netzathleten.de: Was war Dein spektakulärstes Projekt in deiner bisherigen Karriere?
Kaylin Richardson: Puh. Ich hatte das große Glück letztes Jahr an zwei Spots für den aktuellen Warren Miller Film drehen zu dürfen. Wir waren in Kicking Horse in British Columbia und in Deer Valley. Die Hänge und Pisten, die uns die Crew dort gezeigt hat, waren phänomenal. Aber ein Projekt, an das ich mich besonders gerne erinnere, hat mich auf die Lofoten in Norwegen geführt. Der Schnee war wirklich nicht gut, praktisch kein Powder und wir mussten hart arbeiten. Aber die Landschaft war unfassbar schön. Und wir hatten so eine witzige Truppe. Und genau das war es, was die Tour für mich so besonders macht.
netzathleten.de: Was war das Besondere an der Landschaft dort?
Kaylin Richardson: Die Lofoten sind eine kleine Inselgruppe oberhalb des Polarkreises. Dort gibt es riesige Berge, die geradewegs ins Wasser abfallen. Man erreicht sie nur mit dem Boot. Und wenn du auf dem Gipfel von so einem Berg stehst, siehst du, dass es tatsächlich eine Insel ist. Und diese Berg-Inseln sind einfach überall, soweit das Auge reicht.
netzathleten.de: Man startet also als Skifahrer und wird dann zum Wasserskifahrer.
Kaylin Richardson: (lacht) Ja genau. Man schaut, dass man genug Speed bekommt, damit man bis zum Boot übers Wasser gleiten kann.
netzathleten.de: Was ist das größte Ziel, dass Du die für Deine weitere Karriere gesetzt hast?
Kaylin Richardson: Ich muss auf jeden Fall noch in einem Film eine Line unterbringen, auf die ich richtig stolz bin, die zeigt, wozu ich in der Lage bin. Für mich heißt das: schnelles, kraftvolles, aggressives, technisches Skifahren. Um diese perfekte Linie zu finden und fahren zu können, müssen einige Sachen zusammenkommen. Bisher hat das noch nicht geklappt. Und außerdem möchte ich so lange Ski fahren wie möglich. Ich weiß natürlich, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem mich dafür keiner mehr bezahlen oder ausrüsten will. Aber trotzdem möchte ich bis an das Ende meiner Tage Ski fahren können. Das spielt übrigens auch immer eine Rolle, wenn ich im Backcountry Entscheidungen treffen muss. Ich möchte fahren können bis ich 100 Jahre alt bin.
netzathleten.de: Die richtigen Entscheidungen zu treffen, kann manchmal über Leben und Tod entscheiden. Hast Du denn auch Angst, während Du Ski fährst?
Kaylin Richardson: (überlegt kurz) Ja, doch. Es gibt sicherlich Momente in denen ich Angst habe. Aber diese sind wichtig, denn wenn man Angst hat, bedeutet das, dass man wachsam sein muss. Wenn du nicht mit dem nötigen Respekt an eine Aufgabe herangehst, machst du einen Fehler. Man kann seine Angst nicht ignorieren. Wenn mir jemand sagt, du musst deine Angst einfach ignorieren, sage ich: das ist nicht klug. Wenn man Angst hat, hat das immer etwas zu bedeuten. Angst hält dich am Leben, sie ist ein Überlebensinstinkt. Aber man kann sie auch überwinden, wenn man alle Möglichkeiten durchspielt und zu dem Schluss kommt, dass man beispielsweise die anstehende Abfahrt schafft. Wenn man aber merkt, dass man aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sein wird, sie zu meistern, muss man sich eingestehen, dass man einen anderen Weg nach unten nehmen muss.
netzathleten.de: Wie entspannst Du nach einem langen Ski-Tag?
Kaylin Richardson: Es gibt nichts, was nach einem langen Touren-Tag besser schmeckt als ein Bier. Ich glaube, das ist es… Und gutes Essen… (Überlegt) Und eine heiße Badewanne… Oder Sauna. Ja, Badewanne oder Sauna nach einem langen Skitag – das ist wahrer Luxus.
netzathleten.de: Du warst früher im Ski Alpin-Weltcup unterwegs.
Kaylin Richardson: (auf Deutsch) Ja, richtig. Ich war im Weltcup für sieben Jahre.
netzathleten.de: Warum hast Du aufgehört?
Kaylin Richardson: Nach den Olympischen Spielen in Vancouver, war ich immer noch recht schnell unterwegs, aber ich wusste auch, wie das Leben als Ski-Alpin-Fahrerin aussieht. Ich wusste ziemlich genau, wie die nächsten vier Jahre aussehen würden, wenn ich die Olympischen Spiele in Sotschi in Angriff nehmen würde. Und zwar für jeden einzelnen Tag. Was auch cool ist. Im Weltcup Ski zu fahren, ist super. Ich habe jede Sekunde meiner Karriere geliebt. Aber nach den Spielen in Vancouver habe ich nicht mehr dieses Feuer gespürt, alles zu geben, um die Schnellste, die Beste zu sein. Und ich habe gemerkt, dass ich richtig gespannt auf die großen Berge war. Ich war bis dahin um die ganze Welt gereist und habe von den ganzen Bergen praktisch immer nur eine Piste gesehen. Und ich wollte diese Berge erkunden ohne durch rote und blaue Tore fahren zu müssen. Ich wollte sie auf eigene Faust entdecken und sie so hart oder entspannt befahren, wie ich es wollte.
Alle Bilder: ©Cam McLeod
Kaylin Richardson: Ja, wie bei Game of Thrones: Winter is coming.
netzathleten.de: Was fühlst Du, wenn der erste Schnee fällt?
Kaylin Richardson: Der erste Schnee ist wie der Weihnachtsmorgen. Obwohl du weißt, dass er schmelzen wird und es wieder wärmer wird, geht dieses Kribbeln los. Der erste Schnee, der erste Hauch von Weihnachten. Man geht raus und… (Kaylin macht eine kurze Pause, atmet tief ein, die Augen strahlen) kann es regelrecht riechen. Uhhh. Die Skisaison kommt.
netzathleten.de: Und Skifahren ist Deine Passion. Warum?
Kaylin Richardson: Skifahren bedeutet totale Freiheit. Wenn du Ski fährst, bist du einfach nur im Hier und Jetzt. Dieser Moment ist das Einzige, woran du denkst. Du denkst nicht an irgendwelche Deadlines oder Alltagsprobleme oder auch nicht an die politische Situation in deinem Land. Du denkst nur an deine Fahrt und wie gut sie sich anfühlt.
netzathleten.de: Die politische Situation ist ein gutes Stichwort. Deine Heimat, die USA, hat gerade Donald Trump zum zukünftigen Präsidenten gewählt. Und er leugnet den Klimawandel. Das Skifahren selbst ist davon betroffen und Du setzt Dich für den Klimaschutz ein. Was würdest Du ihm also sagen, solltest Du ihn treffen?
Kaylin Richardson: Ich würde ihm sagen, dass ich gerne einmal mit ihm zum Skifahren gehen würde. Ich denke, wir, als weltweite Gesellschaft, müssen einen gemeinsamen Nenner finden. Wir müssen aufhören, uns auf unsere Unterschiede zu fixieren, auch wenn sie groß sein können. Ob das bei der Migration ist oder auch bei den Konflikten im Mittleren Osten. Menschen sind doch nur Menschen. Und im Grunde sind wir uns viel ähnlicher, als wir uns häufig eingestehen. Zu oft schauen die Menschen, inwieweit sie sich von anderen unterscheiden.
Das Coole beim Skifahren und Snowboarden ist das Gefühl, das man beim Fahren erfährt, diese Freude. Und sie ist immer gleich. Egal, welche Partei du wählst, egal, wie du dich fühlst, egal welche Hautfarbe du hast. Wenn man diesen gemeinsamen Nenner erreicht, kann man eine Konversation führen – und zwar auf Augenhöhe. Sollte ich also jemals die Möglichkeit haben, unseren President-Elect Donald Trump – ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen muss – zum Skifahren mitzunehmen, hoffe ich, mit ihm diese Freude teilen zu können und so eine Basis für ein Gespräch zu haben. Ich würde ihm sagen, dass der Klimawandel etwas sehr reales ist. Etwas, das ich mit meinen eigenen Augen schon beobachtet habe. In meinem kurzen Leben sehe ich Gletscher, die sich zurückziehen, erlebe ich mit, wie die Temperaturen im Winter immer weiter steigen, der Frühling in Colorado kommt zwei Wochen früher als noch in den 70ern. All das ist auch wissenschaftlich belegt. Und ich hoffe, dass es vielleicht einen Funken Hoffnung gibt, diese Entwicklung aufzuhalten.
netzathleten.de: Etwas das der Umwelt auch zusetzt, ist Heli-Skiing, wie es häufig in abgelegenen Gegenden wie Alaska durchgeführt wird. Wie stehst Du dazu?
Kaylin Richardson: (nickt) Es gibt viele Anbieter, die alles daran setzen, ihr Angebot CO2-neutral zu gestalten, also der Umwelt etwas zurückzugeben. Ich selbst liebe es, beim Skifahren meine eigene Kraft einzusetzen. Ich liebe Skitouren. Ich war letztes Jahr selbst auch in Alaska unterwegs. Und auch wir haben einen Heli genutzt, allerdings nur, um in die Gegend zu kommen. Vorort sind wir zwei Wochen lang zu Fuß unterwegs gewesen. Und das war fantastisch. Aber ja, es ist deutlich einfacher mit dem Helikopter bestimmte Plätze zu erreichen. Und ich möchte daher auch nicht sagen, dass Helikopter der Vergangenheit angehören sollten. Ich glaube, Heli-Skiing ist nicht das Problem. Natürlich ist es einfach, mit dem Finger auf Skifahrer zu zeigen, die sich für den Klimaschutz engagieren und zu sagen, sie sind genauso schuld, wie alle anderen auch. Und das stimmt auch. Doch letzten Endes steht auch fest, dass die meisten Emissionen von der Industrie verursacht werden. Es muss ein Paradigmenwechsel in unserer Energiegewinnung geben. Und der ist absolut möglich. Gerade in der heutigen Zeit kann man schnell runtergezogen werden, wenn man die Verschmutzung bedenkt. Aber man kann auch positiv in die Zukunft blicken. Denn die Lösungen für eine Veränderung sind alle da. Es ist nicht so, dass wir eine komplett neue Technologie erfinden müssten. Es gibt Elektroautos, Solarenergie, Windenergie – alles ist da. Wir müssen es nur mehr würdigen.
netzathleten.de: Alaska gilt für viele als das Mekka zum Freeriden. Wo fährst Du am liebsten Ski?
Kaylin Richardson: Mein Lieblingsskigebiet ist dort, wo meine Freunde sind und wir einen Powder-Tag haben. Ich werde oft gefragt, wo ich am liebsten Ski fahre. Und ich hatte so viele tolle Erlebnisse an so vielen tollen Orten. Aber Ende zählt, mit wem man unterwegs ist. Ich hatte Skitage mit perfekten Powder-Bedingungen aber die Crew war etwas miesepetrig. Und dann hatte ich Tage, als die Bedingungen wirklich bescheiden waren, doch die Leute, mit denen ich unterwegs war, cool drauf waren. Und dann wir hatten sooo viel Spaß und haben die ganze Zeit gelacht. Ich kann diese Frage also nicht wirklich beantworten. Im Grunde kommt es nur darauf an, mit wem du unterwegs bist.
netzathleten.de: Was war Dein spektakulärstes Projekt in deiner bisherigen Karriere?
Kaylin Richardson: Puh. Ich hatte das große Glück letztes Jahr an zwei Spots für den aktuellen Warren Miller Film drehen zu dürfen. Wir waren in Kicking Horse in British Columbia und in Deer Valley. Die Hänge und Pisten, die uns die Crew dort gezeigt hat, waren phänomenal. Aber ein Projekt, an das ich mich besonders gerne erinnere, hat mich auf die Lofoten in Norwegen geführt. Der Schnee war wirklich nicht gut, praktisch kein Powder und wir mussten hart arbeiten. Aber die Landschaft war unfassbar schön. Und wir hatten so eine witzige Truppe. Und genau das war es, was die Tour für mich so besonders macht.
netzathleten.de: Was war das Besondere an der Landschaft dort?
Kaylin Richardson: Die Lofoten sind eine kleine Inselgruppe oberhalb des Polarkreises. Dort gibt es riesige Berge, die geradewegs ins Wasser abfallen. Man erreicht sie nur mit dem Boot. Und wenn du auf dem Gipfel von so einem Berg stehst, siehst du, dass es tatsächlich eine Insel ist. Und diese Berg-Inseln sind einfach überall, soweit das Auge reicht.
netzathleten.de: Man startet also als Skifahrer und wird dann zum Wasserskifahrer.
Kaylin Richardson: (lacht) Ja genau. Man schaut, dass man genug Speed bekommt, damit man bis zum Boot übers Wasser gleiten kann.
netzathleten.de: Was ist das größte Ziel, dass Du die für Deine weitere Karriere gesetzt hast?
Kaylin Richardson: Ich muss auf jeden Fall noch in einem Film eine Line unterbringen, auf die ich richtig stolz bin, die zeigt, wozu ich in der Lage bin. Für mich heißt das: schnelles, kraftvolles, aggressives, technisches Skifahren. Um diese perfekte Linie zu finden und fahren zu können, müssen einige Sachen zusammenkommen. Bisher hat das noch nicht geklappt. Und außerdem möchte ich so lange Ski fahren wie möglich. Ich weiß natürlich, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem mich dafür keiner mehr bezahlen oder ausrüsten will. Aber trotzdem möchte ich bis an das Ende meiner Tage Ski fahren können. Das spielt übrigens auch immer eine Rolle, wenn ich im Backcountry Entscheidungen treffen muss. Ich möchte fahren können bis ich 100 Jahre alt bin.
netzathleten.de: Die richtigen Entscheidungen zu treffen, kann manchmal über Leben und Tod entscheiden. Hast Du denn auch Angst, während Du Ski fährst?
Kaylin Richardson: (überlegt kurz) Ja, doch. Es gibt sicherlich Momente in denen ich Angst habe. Aber diese sind wichtig, denn wenn man Angst hat, bedeutet das, dass man wachsam sein muss. Wenn du nicht mit dem nötigen Respekt an eine Aufgabe herangehst, machst du einen Fehler. Man kann seine Angst nicht ignorieren. Wenn mir jemand sagt, du musst deine Angst einfach ignorieren, sage ich: das ist nicht klug. Wenn man Angst hat, hat das immer etwas zu bedeuten. Angst hält dich am Leben, sie ist ein Überlebensinstinkt. Aber man kann sie auch überwinden, wenn man alle Möglichkeiten durchspielt und zu dem Schluss kommt, dass man beispielsweise die anstehende Abfahrt schafft. Wenn man aber merkt, dass man aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sein wird, sie zu meistern, muss man sich eingestehen, dass man einen anderen Weg nach unten nehmen muss.
netzathleten.de: Wie entspannst Du nach einem langen Ski-Tag?
Kaylin Richardson: Es gibt nichts, was nach einem langen Touren-Tag besser schmeckt als ein Bier. Ich glaube, das ist es… Und gutes Essen… (Überlegt) Und eine heiße Badewanne… Oder Sauna. Ja, Badewanne oder Sauna nach einem langen Skitag – das ist wahrer Luxus.
netzathleten.de: Du warst früher im Ski Alpin-Weltcup unterwegs.
Kaylin Richardson: (auf Deutsch) Ja, richtig. Ich war im Weltcup für sieben Jahre.
netzathleten.de: Warum hast Du aufgehört?
Kaylin Richardson: Nach den Olympischen Spielen in Vancouver, war ich immer noch recht schnell unterwegs, aber ich wusste auch, wie das Leben als Ski-Alpin-Fahrerin aussieht. Ich wusste ziemlich genau, wie die nächsten vier Jahre aussehen würden, wenn ich die Olympischen Spiele in Sotschi in Angriff nehmen würde. Und zwar für jeden einzelnen Tag. Was auch cool ist. Im Weltcup Ski zu fahren, ist super. Ich habe jede Sekunde meiner Karriere geliebt. Aber nach den Spielen in Vancouver habe ich nicht mehr dieses Feuer gespürt, alles zu geben, um die Schnellste, die Beste zu sein. Und ich habe gemerkt, dass ich richtig gespannt auf die großen Berge war. Ich war bis dahin um die ganze Welt gereist und habe von den ganzen Bergen praktisch immer nur eine Piste gesehen. Und ich wollte diese Berge erkunden ohne durch rote und blaue Tore fahren zu müssen. Ich wollte sie auf eigene Faust entdecken und sie so hart oder entspannt befahren, wie ich es wollte.
Alle Bilder: ©Cam McLeod