Martin Schmitt – Wissenstransfer zugunsten des Zuschauers Derk Hoberg -- Martin Schmitt (li.) im Gespräch mit Derk Hoberg
Interview mit Martin Schmitt

Martin Schmitt – Wissenstransfer zugunsten des Zuschauers

Martin Schmitt ist Mannschaftsolympiasieger im Skispringen (Salt Lake City 2002). Seine Sprungstiefel hat er inzwischen aber an den Nagel gehängt und gegen die Expertenrolle beim Sportsender Eurosport eingetauscht. Zusammen mit Sven Hannawald kommentiert er dort die Vierschanzen-Tournee und vom 9. bis zum 25. Februar erstmals auch die Olympischen Spiele. Wir haben mit ihm über die Karriere nach der Karriere gesprochen.
netzathleten: Martin, Dein Karriereende liegt noch nicht allzu lange zurück. Wie sehr fehlt Dir das „Sprungadrenalin“ bisher?

Martin Schmitt: Wenn es mir arg fehlen würde, könnte ich ja noch mal anfangen. Natürlich kribbelt es manchmal noch ein wenig, aber ich habe das lange genug genossen und inzwischen damit abgeschlossen. Es ist ja auch nicht so, dass man das als Hobby nebenher betreiben könnte.

netzathleten: Beim Skispringen geht es sehr familiär und fair zwischen den Athleten zu. Ist die Expertentätigkeit bei Eurosport für Dich auch ein gutes Mittel zum Zweck, dem Skisprung-Zirkus doch noch ein Stück weit erhalten zu bleiben?

Martin Schmitt: Mit Sicherheit. Es ist nach wie vor toll, mit dieser Familie unterwegs zu sein, aber nach meiner aktiven Karriere hat es mich auch interessiert, was alles zu einer professionellen Berichterstattung dazu gehört. Ich bin froh, im Eurosport-Team gelandet zu sein, zumal wir jetzt die Übertragungsrechte für die nächsten vier Olympischen Spiele haben.

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Martin Schmitt gewann bei den Olympischen Spielen in Vancouver 2010 Silber mit der Mannschaft (©gettyimages)

netzathleten: Neben dem TV-Job bist Du Mitinhaber einer Sportmarketing-Agentur. Sind das die Felder, in denen wir Dich auch künftig sehen werden?

Martin Schmitt: Man weiß natürlich nie, wo die Reise hingehen wird. In den vergangenen vier Jahren war ich sehr ausgelastet. Gleichzeitig bin ich aber auch froh, verschiedene Standbeine zu haben und diese Bereiche kennenlernen zu dürfen. Die Beschäftigung hat anfangs aber auch geholfen, mit dem sportlichen Karriereende klarzukommen.

netzathleten: Wird man denn speziell geschult, bevor man ans Mikro darf?

Martin Schmitt: Wir hatten natürlich auch ein Medientraining, ja. Aber man muss sich auch selbst darum kümmern, damit man weiß, was man zu sagen hat. Da ist also durchaus Eigeninitiative gefragt.

netzathleten: Wie steht es umgekehrt um das Fachwissen der Moderatoren und Kommentatoren, wie läuft da der Austausch?

Martin Schmitt: Wir tauschen uns rund um die Wettbewerbe ausgiebig aus. Während der Vierschanzen-Tournee zum Beispiel geht es bei uns den ganzen Tag ums Skispringen, vom Frühstück über den Wettkampf bis hin zum Abendessen. Da findet also durchaus ein reger Wissenstransfer statt.

netzathleten: Am Eurosport-Mikrofon spielst Du Dir den Ball gekonnt mit Sven Hannawald hin und her – kleine Frotzeleien inklusive. Eine Freundschaft fürs Leben?

Martin Schmitt: Wir sind sehr gut befreundet und ich freue mich, dass wir nach unserer gemeinsamen aktiven Zeit nun auch wieder zusammenarbeiten. Der Kontakt ist nach seinem frühen Karriereende nie abgerissen. Die Arbeit in unserem Team macht großen Spaß und wir hoffen, dass das auch so rüberkommt.

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Sven Hannawald (li.) und Martin Schmitt (©Eurosport)

netzathleten: Ertappst Du Dich nach dem Wechsel hinters Mikrofon nun manchmal dabei, dass Du Deinen Interviewpartnern Fragen stellst, die Du selbst früher nicht mehr hören konntest?

Martin Schmitt: Ja, man muss schon aufpassen, wie ein Springer gerade drauf ist. Aber es gibt noch eine gewisse Vertrauensbasis zwischen den Springern und mir und ich denke, ich habe durchaus einen Blick dafür, was in den Springern gerade vorgeht. Worauf ich aufpassen muss, ist, nicht zu sehr ins Fachliche abzugleiten. Wir haben ja unsere eigenen Fachausdrücke, die die breite Masse der Zuschauer dann womöglich nicht mehr versteht. Also versuche ich, einen Mittelweg zu finden: einerseits fachlich kompetent – und das ist als Experte ja mein Job – aber dennoch verständlich zu kommentieren.

Kommen wir abschließend noch zu Deinen Medaillenprognosen für PyeongChang. Welches Land, glaubst Du, wird am Ende ganz vorne im Medaillenspiegel liegen?

Martin Schmitt: Ich schätze, Norwegen wird vorne liegen. Ich interessiere mich sehr für den gesamten Wintersport und Norwegen ist eine echte Wintersport-Nation, die in unheimlich vielen Disziplinen tolle Athleten hervorbringt. Aktuell bin ich nicht sicher, ob sie beim Skispringen auch dazu gehören werden, aber in vielen anderen Sportarten haben sie zahlreiche Gold-Anwärter dabei. Deutschland traue ich durchaus einen Platz auf dem Podium zu, nur leider nicht den an der Spitze.

VIDEO - Sven Hannawald und Martin Schmitt im Partner-Test

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