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Musikalische Sportler – Sing when you’re winning

  • Marco Heibel
Wenn Michael Ballack, Dirk Nowitzki oder Magdalena Neuner heute eine Single veröffentlichen würden, würde das gewiss für Erstaunen sorgen. In den 60er und 70er Jahren hätte man so etwas dagegen als Normalität abgetan. Vor allem Fußballer waren in dieser Hinsicht Ton angebend. Die netzathleten erinnern an einige Höhepunkte der Gesangskultur.

Franz Beckenbauer


Einer der ersten singenden Fußballer in Deutschland war auch einer der Besten: Franz Beckenbauer. 1966 stürmte er mit „Gute Freunde kann niemand trennen“ die Charts. Dem „Kaiser“ soll das Ganze im Nachhinein doch eher peinlich gewesen sein. Sein Verein kennt mit seinem Ehrenpräsidenten nichtsdestotrotz (oder gerade deswegen) keine Gnade: Mittlerweile ist das Lied ein fester Bestandteil im Vorprogramm eines jeden FC Bayern-Heimspiels.

Petar Radenkovic


Der Jugoslawe Petar „Radi“ Radenkovic, in den 1960ern Torhüter in Diensten von 1860 München, war einer der ersten mitspielenden Keeper des Weltfußballs. Alleingänge bis zur Mittellinie, später vor allem von südamerikanischen Torhütern kultiviert, waren bei ihm keine Seltenheit. Nicht minder im Gedächtnis blieb sein Top-Hit „Bin i Radi, bin i König“, das Sepp Maier vom Lokalrivalen FC Bayern mit dem Ausspruch „Bin i Radi, bin i Depp. König ist der Maier Sepp“ konterte.

Gerd Müller


Auch der größte deutsche Torjäger sicherte sich einen Platz auf den Fußball-Samplern dieser Welt. Sein „Dann macht es bumm“ war mehr als nur ein Liedtitel. Insgesamt machte es bei Gerd Müller in der Bundesliga 365mal „bumm“. Hinzu kommen seine bis heute unerreichten 68 Tore in 62 Länderspielen.

Hans Krankl


Auch der Mann, der Österreich mit seinen zwei Toren gegen Deutschland (Cordoba ’78, 3:2 für Österreich) den größten Prestigeerfolg auf dem Fußballplatz seit den 1930ern bescherte, griff einst zum Mikrofon. Seine Hits „Ohne Ball'n und ohne Netz“ und „Vor, vor noch ein Tor“ fanden allerdings außerhalb Österreichs nur wenig Beachtung.

Kevin Keegan


Wesentlich erfolgreicher war da Kevin Keegan, ehemaliger Profi des FC Liverpool und des Hamburger SV. Die „Mighty Mouse“ erreichte mit „Head over heels in love“ in Deutschland sogar eine Top-Ten-Platzierung. Ein weniger glückliches Händchen hatte Europas Fußballer der Jahre 1978 und 1979 nach seiner Spielerkarriere: Als englischer Nationaltrainer und vor allem als Co-Kommentator beim englischen Fernsehen sorgte er mit zahlreichen konfusen Äußerungen mehrfach für Kopfschütteln. („Die Deutschen haben nur einen Spieler unter 22, und der ist 23.“, „Ich war schon vor zwei Jahren in Nantes, und es ist immer noch dasselbe, außer dass alles völlig anders ist“)

Berti Vogts


Der „Terrier“ hat zwar nie eine Solo-Single aufgenommen, zeigte sein Talent jedoch bei seinen Gastauftritten in fremden Genres. Neben seiner legendären Darbietung in einem Tatort aus dem Jahre 1996 („Gebt dem Kaninchen eine Möhre extra. Es hat uns das Leben gerettet.“), ist hier vor allem eine (Sprech-)Gesangseinlage gemeinsam mit Ilja Richter aus den späten Siebzigern in der Sendung „Disco“ zu nennen.

Der Dauerbrenner – Die Fußball-Nationalmannschaft (WM 1974-1994)


Anlässlich der Heim-WM 1974 nahm die deutsche Fußballnationalmannschaft erstmals einen Song auf: „Fußball ist unser Leben“ wurde ein Riesenhit, die Mannschaft Weltmeister. So etwas schreit dich förmlich nach einer Neuauflage. Und so kam es auch.

In der Folge wurden ausgerechnet gebürtige Österreicher zu den offiziellen Nationalmannschaftsmusikanten (Udo Jürgens 1978 mit „Buenos dias, Argentina“ und 1990 mit „Wir sind schon auf dem Brenner“, Peter Alexander 1986 mit „Mexiko, mi amor“). 1982 engagierte der DFB mit Michael Schanze („Olé Espana“) zum ersten und einzigen Mal einen Deutschen als ‚Chorleiter’.

Anlässlich der WM 1994 in den USA ging es dann auch musikalisch über den großen Teich. Die Single „Far away in America“, eingesungen mit den Village People, war allerdings noch schwächer als die Darbietung der deutschen Mannschaft in den USA.


Augustine „Jay Jay“ Okocha


Es hatte keineswegs etwas mit einem Stotterproblem zu tun, was der nigerianische Dribbelkönig Jay Jay Okocha (u.a. Eintracht Frankfurt) 1994 in einem Tonstudio der Mainmetropole produziert hat. Mit dem Song „I I Am Am Jay Jay“ nahm der bekennende Hip-Hop-Fan sich und seinen „Doppelnamen“ eher selber auf den Arm. Weiterer Vorteil: Die ständigen Wiederholungen der gleichen Wörter erleichtern das Lernen des Textes.

Das Tragische Dreieck


Die VfB-Stuttgart-Kicker Gerhard Poschner, Marco Haber und Fredi Bobic – Letzterer auch bekannt als Teil des wesentlich erfolgreicher operierenden „magischen Dreiecks“ – protestierten im Jahre 1996 als „Tragisches Dreieck“ mit ihrer Single „Steh auf“ gegen die Schwalben-Kultur in der Bundesliga.

Toni Polster


Ein Jahr später setzte die kölsche Damenkombo „Die Fabulösen Thekenschlampen“ dem FC-Torjäger Toni Polster mit „Toni, lass es polstern“ ein musikalisches Denkmal. Dieses Lied scheint Polster, zu dieser Zeit im Spätherbst seiner aktiven Karriere, eine Zukunftsoption aufgezeigt zu haben: Heute ist er selbst als Schlagersänger aktiv und hat in seiner Heimat Österreich bereits mehrere Alben veröffentlicht.

Keksi und die Falschen Freunde


Hinter diesem etwas seltsam anmutenden Projektnamen verbergen sich die ehemaligen Nationalspieler Dietmar Hamann, Christian Ziege und Alexander Zickler. Die drei damaligen Bayern-Profis haben sich im Jahr 1997 in die lange Liste der Coverbands des Münchner Freiheit-Klassikers „Ohne dich“ eingereiht.

Lothar Matthäus


Ein Lothar Matthäus ist immer auf Augenhöhe mit den Größten. Anlässlich seines bevorstehenden Transfers zu den New York Metro Stars nahm er um die Jahrtausendwende herum ein Remake des Comedian Harmonists- und Elvis Presley-Songs „Muss i denn zum Städtele hinaus“ auf.

Thomas Brdaric

Der achtmalige Nationalspieler stand zwischen 2002 und 2004 zeitweilig auf Kriegsfuß mit den gegnerischen Torhütern. Neben dem Austausch von Feindseligkeiten mit dem Schalker Frank Rost und dem Dortmunder Jens Lehmann, ist vor allem der Griff von Oliver Kahn in Brdarics Nacken (Brdaric: „Ich hatte Todesängste”) in Erinnerung geblieben. Der Stürmer verarbeitete diese Erfahrungen in Anlehnung an seine Rückennummer in dem Lied „Die wilde 13“.

Carsten Ramelow

Auch der langjährige Kapitän von Bayer Leverkusen sicherte sich einen Platz in der Auswahl singender Fußballspieler. Nachdem er bereits auf Bayer 04-Weihnachtsfeiern als Comedian-Harmonists-Parodist von sich reden machte, nahm er 2004 eine Platte auf mit dem schönen Titel „Sing when you’re winning”. Das „winning” bezieht sich hierbei wohl eher auf Spiele als auf Meisterschaften.


Toni Sailer


Toni Sailer gilt als einer der erfolgreichsten Skifahrer aller Zeiten. Desto mehr überrascht es, dass der Österreicher nicht nur ein Ass im Slalom war, sondern auch ein bekannter und erfolgreicher Sänger. Mit Liedern wie „Ich gehe singend durch die Stadt“, „Am Fudschijama blüht kein Edelweiß“ oder „Ich weiß mehr, als du glaubst“ erreichte Toni Sailer Kultstatus in Österreich.

Marika Kilius & Hans-Jürgen Bäumler


Das Traumpaar des deutschen Eiskunstlaufs der 1960er Jahre (zwei WM-Titel, zweimal Olympia-Silber) nahm nach seinem Rückzug vom Profisport im Jahr 1964 einige Singles auf, darunter die beiden Nr.2-Hits „Wenn die Cowboys träumen“ und „Honeymoon in St. Tropez“. Anschließend folgten Filme. Während Kilius sich ab den späten 1960ern mehr und mehr ins Privatleben zurückzog, machte Bäumler solo als Sänger und Moderator („Riskant“, „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“) weiter Karriere.

Martin Lauer – Schlagerstar aus Geldmangel


Der Leichtathlet Martin Lauer, der 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom die Goldmedaille über 4x100 Meter gewann, hat die Musikerkarriere eher unfreiwillig eingeschlagen. Aufgrund einer Blutvergiftung, die beinahe zur Amputation eines Beines geführt hätte, musste Lauer schon kurz nach den Spielen von Rom seine Karriere beenden.

1962 unterschrieb er einen Plattenvertrag bei dem bekannten Label Polydor. Insgesamt vier seiner Titel im Country-Stil erreichten eine Top-Ten-Platzierung in den deutschen Charts, u.a. „Taxi nach Texas“ und „Die letzte Rose der Prärie“.

Revival der singenden Sportler? – Tino Edelmann & Co.


Auch wenn es so erscheinen mag, dass die Zeiten der singenden Sportler vorbei sind (zumindest von denen, die es wirklich mit dem Singen ernst gemeint haben), erscheint nun doch wieder ein Act am Horizont, dem es möglicherweise wirklich ernst ist: Die nordischen Kombinierer Tino Edelmann aus Deutschland, Bernhard Gruber aus Österreich und Ronny Heer aus der Schweiz machen derzeit im Wintersportzirkus unter dem Namen „The Telemarkers“ mit ihrem Rock-Pop-Song „Für den Moment“ von sich reden.

Marco Heibel/Nils Hilchenbach

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