Einfach kompliziert - So werden Ski erfunden Christian Riedel

Einfach kompliziert - So werden Ski erfunden

  • Christian Riedel
Auch wenn Skifahren ein alter Sport ist, muss er sich in jedem Jahr neu erfinden. Genauer gesagt die Ski bekommen jedes Jahr ein Update. Im Interview erklärt Luka Grilc, Produktmanager beim slowenischen Skihersteller „elan“, wie schwierig es ist, neue Ski zu entwerfen und wohin der Trend in den nächsten Jahren gehen wird.

Netzathleten: Wie schwierig ist es, in der heutigen Zeit, neue Ski zu entwickeln?
Luka Grilc:
Wenn man die Dinge lebt, die man tut, also 365 Tage im Jahr damit zu tun hat, jeden Tag die entsprechenden Erfahrungen macht, dann erkennt man, dass noch nicht alles erfunden ist. Mit den Erfahrungen, die man macht, bekommt man auch neue Ideen. Und man muss in der Umgebung leben, um zu verstehen, was der Konsument haben will. Dann kann man entsprechend auch neue Ideen entwickeln.

netzathleten: Was waren Deiner Meinung nach die wichtigsten Ideen und wie wegweisendsten Entwicklungen in den letzten Jahren?
Luka:
Ich denke, die Entwicklung eines linken und rechten Skis mit unterschiedlichen Eigenschaften, wie wir es mit dem „Amphibio“ getan haben, war die wichtigste Neuerung. Das ist eine einzigartige Art bei der Konstruktion neuer Ski. Wir haben einen rechten und linken Schuh und auch die Ski haben es verdient, dass es einen linken und einen rechten gibt. Das ist die Idee, die dahinter steckt. Und nach vier Jahren hat der Markt erkannt, dass diese Entwicklung das Skifahren auf eine höhere Stufe bringen kann. Und wir entwickeln in diese Richtung weiter.

netzathleten: Wie schwierig ist es, etwas wirklich Neues zu erfinden und sich dadurch von der Normalität abzuheben?
Luka:
Anders sein ist einfach. Allerdings muss es auch Sinn machen. Und anders zu sein, damit auch besser zu sein und damit auch kommerziellen Erfolg zu haben, ist wirklich schwierig. Etwas Innovatives und Revolutionäres zu entwickeln und das dann an den Endverbraucher so zu kommunizieren, dass er es auch versteht, ist das schwierigste daran.

netzathleten: Wie viele Personen sind an der Entwicklung eines neuen Skis beteiligt?
Luka:
Das kann man so einfach nicht sagen. Es sind Leute aus der Entwicklungsabteilung beteiligt, wir arbeiten aber auch mit Fahrern wie Glenk Plake, aktuellen Rennfahrern und Skilehrern zusammen. Und jeder aus der Firma kann seine eigenen Ideen einbringen. Das ist sehr wichtig, denn aus einer Idee wird oft eine andere geboren. Und je mehr Menschen aus verschiedenen Feldern zusammenarbeiten, desto mehr Faktoren werden auch bei der Entwicklung berücksichtigt.

netzathleten: Die Entwicklung des asymmetrischen Amphibio mit einer gerockerten Kante und einer Camber-Kante war sehr innovativ. Weißt Du noch, wie es damals dazu kam?
Luka:
Ich weiß noch genau, wie es dazu kam. Vorher hatten wir die Waveflex-Technologie, die mit weichem Flex mit hoher Torsionssteifigkeit mehr Kontrolle und einer stabilere Kurvenlage gewährleisten soll. Und wir wollten einen neuen Allmountain-Ski entwickeln, der auf der einen Seite sportlicher, auf der anderen Seite aber auch einfacher zu kontrollieren sein sollte. Und wir haben gedacht, dass wir etwas Neues dafür brauchen. Wir haben uns zusammengesetzt und Brainstorming gemacht und Ideen auf den Tisch geworfen. Rocker waren damals recht neu auf dem Markt und wurden auch immer wichtiger für Pistenski. Allerdings sind Rocker auf der Piste recht instabil. Wir haben dann versucht, die Vorteile des Rockers zu nutzen und die Nachteile auszugleichen und kamen so auf die Idee, einen asymmetrischen Ski zu bauen, der die Vorteile des traditionellen Camber auf der Innenseite mit den Vorteilen des Rocker auf der Außenseite zu kombinieren. Beim Ausprobieren mit verschiedenen Prototypen kamen dann immer neue Ideen, bis der Ski dann so gut wurde, dass auch wir zufrieden damit waren. Man muss auch immer eine Vision haben. Man muss das Licht am Ende des Tunnels sehen, also wissen wo man hin will. Sonst vermischt man Ideen und bleibt in der Dunkelheit.

netzathleten: Weißt Du noch, wie lange es gedauert hat von der Idee bis zur Produktion?
Luka:
Nicht wirklich lange. Im Februar sind wir mit den ersten Prototypen gefahren, im September war der Ski fertig. Es hat also nicht einmal ein Jahr gedauert. Die Idee gab es zwar schon etwas früher, aber die eigentliche Entwicklung ging dann sehr schnell.

netzathleten: Wie läuft dann so ein Test ab?
Luka:
Wir testen im Normalfall mit Profis und sehr guten Skifahrern aus unserem Test-Team. Wir haben verschiedene Ski dabei, die alle komplett schwarz oder weiß gefärbt sind, damit man nicht schon vorher sieht, um welchen Ski es sich handelt. Die Ski sind dann das jeweilige Vorgängermodell, verschiedene Prototypen und entsprechende Ski der Konkurrenz. Dann fährt der Profi, berichtet uns seine Erfahrungen und wir versuchen, das richtige Fazit daraus zu ziehen, bis am Ende der neue Ski fertig ist.

netzathleten: Bei allem neuen Material, das verwendet wird, wie wichtig ist dann noch das Holz?
Luka:
Der hölzerne Kern ist sehr, sehr wichtig. Für viele Menschen ist das schwer zu verstehen, weil ja auch die ersten Ski aus Holz waren und die Entwicklung Fortschritte gemacht hat. Aber heute ist Holz meiner Meinung nach der wichtigste Bestandteil. Die modernsten Ski haben immer noch einen hölzernen Kern. Holz ist sozusagen die Seele des Skis, er gibt dem Ski Leben, auch wenn die anderen Bestandteile, die Lauffläche, die Kante oder die anderen Schichten ebenfalls wichtig sind. Deshalb testen wir bei jedem Ski verschiedene Holzarten wie Buche, Pappel oder das ultraleichte Paulownia-Holz, das vor allem für Tourenski verwendet wird. Es ist faszinierend, wie sehr ein anderes Holz einen Ski verändert.

netzathleten: Was denkst Du, wie geht die Entwicklung der Ski weiter?
Luka:
Ich denke, die Entwicklung geht in zwei Richtungen. Eine Weg geht in die Vereinfachung, der andere in die Komplizierung. Auf der einen Seite werden die Ski in bestimmten Nischen noch spezieller und komplizierter, also etwas für absolute Experten oder Spezialisten. Auf der anderen Seite werden Ski einfacher. Viele Fahrer sind verunsichert, weil sie auf dem Markt den Überblick verlieren. Ihnen ist der Ski egal, sie wollen raus gehen und Spaß haben. Hier denke ich, dass Skier einfacher werden, dass Kategorien zusammenfallen und die Zahl der verschiedenen Modelle zurück geht, damit man mit einem Ski wieder auf unterschiedlichem Terrain fahren kann. Ansonsten sind die Trends Komfort und Gewichtsreduktion, vor allem für Tourenski.

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