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Peter Fischer ist Vorkämpfer des Fußballs im Kampf gegen Rassismus

„Uns fehlt die kollektive Durchschlagskraft“

  • Frank Heike / Medienmannschaft
Peter Fischer, Carsten Cramer, Matthias Brügelmann und Karsten Petry im Panel auf dem „Spobis“ in Düsseldorf: Tun die Fußball-Profiklubs genug im Kampf gegen Ausgrenzung?
Ihm ist es zu wenig – und zu wenig gemeinschaftlich. Peter Fischer, Präsident Eintracht Frankfurts, hat sich als Vorkämpfer des deutschen Profifußballs im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus etabliert. Doch er vermisst meinungsstarke Gleichgesinnte.

Auf dem „Octagon“-Panel im Rahmen des Spobis, Europas größtem Sportbusiness-Event in Düsseldorf, sagte Fischer: „Uns fehlt die kollektive und solidarische Durchschlagskraft des Profi-Fußballs. Wir schaffen es nicht, dass wir uns klar bekennen, als Liga, dafür oder dagegen. Heute kann doch keiner mehr sagen, ich wusste von nichts, wir sind doch aufgeklärt und sehen, dass es eine katastrophale, ganz, ganz schlimme Veränderung in dieser Gesellschaft gibt. Doch sind wir nicht in der Lage, uns zu solidarisieren und nein zu sagen – nicht mit euch. Mir fehlt das. Nur gemeinsam können wir eine Menge bewegen.“

Octagon, weltweit größte Sportbusiness-Beratungsfirma, hatte prominente Männer auf der großen Bühne der Düsseldorfer Messe versammelt. Peter Fischer, Carsten Cramer, Geschäftsführer Borussia Dortmunds und Matthias Brügelmann, Sportchef Bild-Gruppe, stellten sich den Fragen der ZDF-Sportmoderatorin Annika Zimmermann und von Karsten Petry, dem Managing Director Octagon Germanys. Die Frage lautete: „Gesellschaftliche Verantwortung: Läuft der Sport Gefahr, seine Werte zu verlieren?“ Wobei rasch klar war, dass es hier um „König Fußball“ gehen würde, nicht um andere Sportarten.

30 Minuten diskutierten die Teilnehmer leidenschaftlich, verteidigten ihre Sichtweisen und Positionen und waren vereint darin, dass Rassismus und Antisemitismus in deutschen Stadien keinen Platz haben.

Boulevardexperte Matthias Brügelmann nahm den Fußball dabei gleich mehrmals in die Verantwortung: „Es hat immer Unterschiede gegeben, ob und wie laut sich Vereine äußern. Peter Fischer nutzt das Licht, das entsteht, weil er ein Amt hat, um Dinge anzustoßen, die darüber hinaus gehen, ob man am Wochenende gewinnt oder der Trainer der richtige ist. Daran können sich viele andere Klubs ein Beispiel nehmen. Bei vielen Vereinen wird das gesellschaftliche Engagement nur nicht so gepflegt. Die Fankurven sind ein Beispiel. Die Bayern-Fankurve hat am letzten Wochenende eine großartige Choreographie gegen das Vergessen gemacht – das war ein ganz starkes Zeichen gegen Antisemitismus. Aber warum ist es nicht möglich, dass alle Fankurven sich gemeinsam absprechen, dass so etwas an einem Wochenende passiert?“ Und auch die Dachorganisationen wie den DFB wollte der Medienmann nicht außen vor lassen bei der Bewertung: „Ich wünsche mir eine höhere Entscheidungsschnelligkeit. Bei Gewalt auf Amateurplätzen etwa. Da wäre eine sehr schnelle Reaktion gut. Von jedem Verein drei bis vier Spieler, die symbolisch an dem Tag mit dem Schiri auf den Platz gehen.“

spobis peter fischer

Zu langsam, zu viel, zu wenig, genau richtig? Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Vereine ihrer gesellschaftlichen Verantwortung ausreichend nachkommen. Woran niemand zweifelt ist, dass die Klubs mehr sind als Unternehmen, die Gewinn erzielen müssen mit Fußballmannschaften, die gewinnen wollen: „Der Fußball nimmt seine Leuchtturmfunktion an. Wir erfahren ja eine öffentliche Wertschätzung wie keine andere Sportart. Sich darauf nur auszuruhen, wäre verantwortungslos. Wir können im Fußball gesellschaftspolitische Themen annehmen, Menschen Rückendeckung geben. Wir haben mehr Sinn und Zweck zu stiften als das Ergebnis vom Wochenende. Wir glauben immer, dass wir etwas ganz Wichtiges sind, dann müssen wir auch Verantwortung übernehmen“, sagte Carsten Cramer.

Karsten Petry zeigte sich als Befürworter eines Lizensierungsverfahrens mit neuen Inhalten – Vorschriften wollte er das nicht nennen. Petry sagte: „Wir als Octagon sind auch keine non-profit Organisation. Aber es sollte den Vereinen im Profifußball nicht nur darum gehen, diese oder jene Einnahmesituation nochmals zu verbessern. Wir als Agentur nehmen gesellschaftliche Verantwortung wahr, ob es Diversity ist, Nachhaltigkeit, Umweltaspekte oder andere Dinge, wie das Verhindern von Ausgrenzung, nationalistische Strömungen. Man sollte sich die Frage stellen, ob die Themen, die wir hier diskutieren, nicht auch von DFB- und DFL-Seite angegangen werden sollten, und sie über das Lizensierungsverfahren verpflichtend zu machen. Genauso wie man im Lizensierungsverfahren die Größe von Logos auf der Brust oder Lux-Zahlen von Flutlichtern regelt. Ich wünsche mir ein Gleichgewicht von kommerzieller und gesellschaftlicher Verantwortung bei den Vereinen der Fußball-Bundesliga.“

Dem entgegnete Cramer: „Ich finde es zu kurz gesprungen, die Vereine immer zu diskreditieren, und zu meinen, dass man sie über Verpflichtungen und Zwänge erreicht. Man darf nicht vergessen, dass unser Kerngeschäft immer noch der Fußball ist.“

Gerade verglichen mit großen Unternehmen hätten sich die Bundesliga-Vereine aber erst auf den Weg gemacht, behauptete Petry: „Viele Vereine haben Nachholbedarf um Schritt zu halten mit dem, was sich Unternehmen auf die Agenda geschrieben haben – und auch umsetzen. Uns fehlen die Handlungen, die konkreten Schritte zu unterschiedlichen Themenfeldern, und die Umsetzung dauert zu lange – bei gender equality zum Beispiel. Bei diversity. Wenn wir uns das Thema Frauenfußball anschauen: Der genießt in anderen Ländern einen ganz anderen Stellenwert und hat einen großen Schub bekommen, während beim BVB nur Pläne in der Schublade liegen. Warum dauert es in Frankfurt bis zur Saison 2020/21, ehe wir unter dem Wappen der Eintracht Frauenfußball haben?“

Ab der kommenden Spielzeit wird es in Frankfurt professionellen Frauenfußball der Marke „Eintracht“ geben. In Dortmund prüft der BVB gerade den Einstieg in den Frauenfußball.

Einig waren sich die Diskutierenden, dass das Engagement der Eintracht und des BVB beispielhaft seien. Fischer fühlt sich sehr wohl in einem Verein, der für Werte einsteht und im Alltag gegen die Unkultur des Wegsehens und Vergessens arbeitet. Er sagte: „Wir dürfen uns nicht nur in der Erinnerungspolitik bewegen. Wir müssen auf das heute gucken. Wir müssen unsere Profis mitnehmen, dass sie Multiplikatoren sind für das, was wir verlangen. Da ist der Fußball der ideale Transporteur.“ Dazu sagte Karsten Petry: „Es ist großartig, wie Herr Fischer sich positioniert. Das ist ja nicht ganz risikolos, sich als Person so hinzustellen in einer Stadt wie Frankfurt und eine klare Position zu beziehen.“

Cramer berichtete aus dem Alltag, als er sagte: „Wir tun eine ganze Menge. Die Stadtgesellschaft in Dortmund braucht im Kampf gegen rechts einen starken BVB. Die wesentliche Arbeit wird am Ort geleistet, weil wir vor Ort in Dortmund eine rechte Szene haben. Zwei Prozent der Menschen wählen rechts. Dann sind unter den 81.000 bei uns im Stadion auch einige dabei, die eine andere Gesinnung haben. Da müssen wir aktiv werden. Eine bestimmte Klientel von Menschen brauchen wir beim BVB definitiv nicht.“

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