Makkabi Deutschland
„Antisemitismus im Sport macht nicht vor Ländergrenzen halt.“
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Antisemitismus ist nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 ein ernstes Problem. Nun aber tritt er immer offensichtlicher zu Tage. Wie deutlich wird das Problem auch im Sport? Alon Meyer ist der Präsident von Makkabi Deutschland, dem Dachverband des jüdischen Sports. Und auch Vorstand von Makkabi Frankfurt. Der ehemalige Top-Journalist der ARD Hans-Joachim Lorenz, Vizepräsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft, bat ihn für zum Interview für die DOG-Medien. Unsere Redaktion bekam grünes Licht für eine Parallel-Verwertung.
Mit Blick auf den 7. Oktober und die Folgen: Hat es Reaktionen von muslimisch geprägten Vereinen gegeben und wenn, welche?
Alon Meyer: Hierfür muss ich etwas ausholen. Nachdem es immer wieder zu verbalen und körperlichen Attacken insbesondere muslimisch geprägter Mannschaften gekommen war und Bestrafungen durch Sportsgerichte den Hass gegenüber Makkabi nur noch weiter geschürt haben, entwickelten wir ein Konzept des Dialogs und der Aufklärung mit dem Ziel der Wissensvermittlung und Sensibilisierung. Mit dem Resultat, dass es in der Saison 2022/23 bei keiner unserer 26 Fußballteams zu antisemitischen Anfeindungen kam. Man müsste eigentlich auf Holz klopfen, denn dieser Zustand hat sich bis heute, auch nach dem 07. Oktober 2023, nicht geändert. Wenngleich wir dennoch Vorsichtsmaßnahmen treffen, da Handlungen Außenstehender niemals ausgeschlossen werden können und wir unsere Spieler, die bedingungslos zu Makkabi stehen, schützen müssen. Mit den Verantwortlichen der gegnerischen Vereine stehen wir in sehr gutem Kontakt. Diese präventiven Maßnahmen fruchten also ganz offensichtlich!
Wie steht es um die Sicherheit jüdischer Sportler und geht es ohne Polizeischutz?
Alon Meyer: Wichtig ist zu erkennen, dass Antisemitismus nicht nur Jüdinnen und Juden betrifft, sondern alle, die nicht in das Weltbildbild von Antisemiten passen: Also alle, die eine westlich geprägte Lebensweise haben. Die bittere Wahrheit ist: Bereits vor dem 07. Oktober musste - und das seit Jahrzehnten - jüdisches Leben von der Polizei geschützt werden: Jüdische Schulen, Synagogen, aber auch MAKKABI-Spiele. Wir hatten bereits vor dem Angriff der Hamas in Israel immer wieder judenfeindlichen Vorfällen auf unseren Sportplätzen und gegen MAKKABI-Sportler: Verbale und körperliche Gewalt bis zu Messerattacken. Die abstrakte Gefährdungslage ist nun zu einer konkreten Gefährdungslage geworden: Bundesweit gibt es Israelhass-Demos und Angriffe auf Synagogen. Es geht nicht ohne Polizeischutz.
Wie bewerten Sie die Maßnahmen der Politik jenseits verbaler Bekundungen?
Alon Meyer: Die anfängliche Solidarität mit Israel und den Opfern der Hamas schwindet bereits. Einige Maßnahmen gegen Antisemitismus wurden umgesetzt, viele diskutiert. Aber angesichts der Eskalation des Antisemitismus reicht das bei weitem nicht: Wenn antisemitische Demos verboten werden, muss die Exekutive dies auch konsequent durchsetzen. Es ist längst fünf nach zwölf. Was wir definitiv nicht brauchen, sind weitere Gesprächsrunden, Sonntagsreden über tote Jüdinnen und Juden, Mahnwachen und Gedenkperformances.
Was wir jetzt brauchen: Eine eindeutige Position zum jüdischen Leben, zum jüdischen Sport und zu Israel. Wir brauchen endlich eine konsequente Ahndung antisemitischer Handlungen. Es darf in dieser Frage keine Äquidistanz mehr geben.
Wie schätzen Sie die Situation des internationalen Sports ein, zum Beispiel im Hinblick auf Olympia 2024 in Paris?
Alon Meyer: Antisemitismus im Sport macht nicht vor Ländergrenzen halt. Es ist kein Phänomen, welches wir nur in Deutschland finden. Mit Blick auf Frankreich macht mir auch dort der erstarkende Antisemitismus und die islamitischen Terrorangriffe der letzten Monate und Jahre Sorgen. Auf der anderen Seite haben sich am Sonntag, den 12.11.2023 über 100.000 Französinnen und Franzosen auf der Straße versammelt, um ein Zeichen für Israel, die Französische Republik und gegen den Hass zu setzen. Wir hoffen - und das sage ich auch mit Blick auf die Spiele 1972 - dass der französische Staat ein umfangreiches und gut funktionierendes Sicherheitskonzept für Olympia 2024 erstellen wird.
Kann eine Nationalmannschaft Israels überhaupt mit Freude und unbeschwert ohne die Schatten der Vergangenheit, München 1972, antreten?
Alon Meyer: Natürlich wird die israelische Mannschaft wie auch wir alle das Attentat von der Terrororganisation “Bewegung 2. September” nie vergessen. Aber was ich Ihnen sagen kann: Israelische Sportlerinnen und Sportler sind stark, vertreten ihre Werte und gerade nach der schrecklichen Geschichte ist es noch mehr Ansporn und es erfüllt alle mit großem Stolz, unter der blau-weißen Fahne den einzigen jüdischen Staat zu repräsentieren.
Wie schätzen Sie die Zukunft von jüdisch geprägtem Sport in Deutschland, aber auch international ein?
Alon Meyer: Antisemitismus ist Vergangenheit und auch im Jahr 2023 traurige Gegenwart. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass er keine Zukunft hat!
Wir sind davon überzeugt: Integration und die Prävention von Antisemitismus funktionieren insbesondere über den Sport.
Wir schauen entschlossen in die Zukunft. In den kommenden Jahren erwarten uns bedeutende Ereignisse: die Europäischen Maccabi Spiele in London 2024 und die Maccabiah in Israel 2025. Wir sind fest entschlossen, hart zu trainieren und uns intensiv vorzubereiten, mit der festen Hoffnung, eine große deutsch-jüdische Delegation zu diesen Veranstaltungen zu entsenden. Der Grundstein dafür wird bereits jetzt gelegt!
Das Interview führte der ehemalige Top-Journalist der ARD Hans-Joachim Lorenz, Vizepräsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft
Alon Meyer: Hierfür muss ich etwas ausholen. Nachdem es immer wieder zu verbalen und körperlichen Attacken insbesondere muslimisch geprägter Mannschaften gekommen war und Bestrafungen durch Sportsgerichte den Hass gegenüber Makkabi nur noch weiter geschürt haben, entwickelten wir ein Konzept des Dialogs und der Aufklärung mit dem Ziel der Wissensvermittlung und Sensibilisierung. Mit dem Resultat, dass es in der Saison 2022/23 bei keiner unserer 26 Fußballteams zu antisemitischen Anfeindungen kam. Man müsste eigentlich auf Holz klopfen, denn dieser Zustand hat sich bis heute, auch nach dem 07. Oktober 2023, nicht geändert. Wenngleich wir dennoch Vorsichtsmaßnahmen treffen, da Handlungen Außenstehender niemals ausgeschlossen werden können und wir unsere Spieler, die bedingungslos zu Makkabi stehen, schützen müssen. Mit den Verantwortlichen der gegnerischen Vereine stehen wir in sehr gutem Kontakt. Diese präventiven Maßnahmen fruchten also ganz offensichtlich!
Alon Meyer
Wie steht es um die Sicherheit jüdischer Sportler und geht es ohne Polizeischutz?
Alon Meyer: Wichtig ist zu erkennen, dass Antisemitismus nicht nur Jüdinnen und Juden betrifft, sondern alle, die nicht in das Weltbildbild von Antisemiten passen: Also alle, die eine westlich geprägte Lebensweise haben. Die bittere Wahrheit ist: Bereits vor dem 07. Oktober musste - und das seit Jahrzehnten - jüdisches Leben von der Polizei geschützt werden: Jüdische Schulen, Synagogen, aber auch MAKKABI-Spiele. Wir hatten bereits vor dem Angriff der Hamas in Israel immer wieder judenfeindlichen Vorfällen auf unseren Sportplätzen und gegen MAKKABI-Sportler: Verbale und körperliche Gewalt bis zu Messerattacken. Die abstrakte Gefährdungslage ist nun zu einer konkreten Gefährdungslage geworden: Bundesweit gibt es Israelhass-Demos und Angriffe auf Synagogen. Es geht nicht ohne Polizeischutz.
Wie bewerten Sie die Maßnahmen der Politik jenseits verbaler Bekundungen?
Alon Meyer: Die anfängliche Solidarität mit Israel und den Opfern der Hamas schwindet bereits. Einige Maßnahmen gegen Antisemitismus wurden umgesetzt, viele diskutiert. Aber angesichts der Eskalation des Antisemitismus reicht das bei weitem nicht: Wenn antisemitische Demos verboten werden, muss die Exekutive dies auch konsequent durchsetzen. Es ist längst fünf nach zwölf. Was wir definitiv nicht brauchen, sind weitere Gesprächsrunden, Sonntagsreden über tote Jüdinnen und Juden, Mahnwachen und Gedenkperformances.
Was wir jetzt brauchen: Eine eindeutige Position zum jüdischen Leben, zum jüdischen Sport und zu Israel. Wir brauchen endlich eine konsequente Ahndung antisemitischer Handlungen. Es darf in dieser Frage keine Äquidistanz mehr geben.
Wie schätzen Sie die Situation des internationalen Sports ein, zum Beispiel im Hinblick auf Olympia 2024 in Paris?
Alon Meyer: Antisemitismus im Sport macht nicht vor Ländergrenzen halt. Es ist kein Phänomen, welches wir nur in Deutschland finden. Mit Blick auf Frankreich macht mir auch dort der erstarkende Antisemitismus und die islamitischen Terrorangriffe der letzten Monate und Jahre Sorgen. Auf der anderen Seite haben sich am Sonntag, den 12.11.2023 über 100.000 Französinnen und Franzosen auf der Straße versammelt, um ein Zeichen für Israel, die Französische Republik und gegen den Hass zu setzen. Wir hoffen - und das sage ich auch mit Blick auf die Spiele 1972 - dass der französische Staat ein umfangreiches und gut funktionierendes Sicherheitskonzept für Olympia 2024 erstellen wird.
Kann eine Nationalmannschaft Israels überhaupt mit Freude und unbeschwert ohne die Schatten der Vergangenheit, München 1972, antreten?
Alon Meyer: Natürlich wird die israelische Mannschaft wie auch wir alle das Attentat von der Terrororganisation “Bewegung 2. September” nie vergessen. Aber was ich Ihnen sagen kann: Israelische Sportlerinnen und Sportler sind stark, vertreten ihre Werte und gerade nach der schrecklichen Geschichte ist es noch mehr Ansporn und es erfüllt alle mit großem Stolz, unter der blau-weißen Fahne den einzigen jüdischen Staat zu repräsentieren.
Wie schätzen Sie die Zukunft von jüdisch geprägtem Sport in Deutschland, aber auch international ein?
Alon Meyer: Antisemitismus ist Vergangenheit und auch im Jahr 2023 traurige Gegenwart. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass er keine Zukunft hat!
Wir sind davon überzeugt: Integration und die Prävention von Antisemitismus funktionieren insbesondere über den Sport.
Wir schauen entschlossen in die Zukunft. In den kommenden Jahren erwarten uns bedeutende Ereignisse: die Europäischen Maccabi Spiele in London 2024 und die Maccabiah in Israel 2025. Wir sind fest entschlossen, hart zu trainieren und uns intensiv vorzubereiten, mit der festen Hoffnung, eine große deutsch-jüdische Delegation zu diesen Veranstaltungen zu entsenden. Der Grundstein dafür wird bereits jetzt gelegt!
Das Interview führte der ehemalige Top-Journalist der ARD Hans-Joachim Lorenz, Vizepräsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft