Die Geschichte der Diät
- Derk Hoberg
Das Wort Diät stammt vom griechischen „diaita“, was soviel wie Lebensweise bedeutet. Damit wird schon klar, dass es bei einer Diät nicht immer, wie mittlerweile gängiger Glaube, um das Thema Abnehmen dreht.
Vielmehr ging es ursprünglich darum, sich gesund und ausgeglichen zu ernähren. Der griechische Arzt Hippokrates von Kos (ca. 460 v. Chr. bis 370 v. Chr.) gilt als Begründer der Wissenschaft und der Medizin. Er widmete sich auch dem Thema Diätetik und forschte nach der richtigen und gesunden Art zu leben.
Heutzutage bezeichnet das Wort Diät zum einen eine kurzfristige Ernährungsumstellung zur Gewichtsabnahme (in einigen Fällen auch zur Gewichtszunahme), und zum anderen eine längerfristige Veränderung der Ernährung zur unterstützenden Behandlung einer Krankheit.
Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit
Im Altertum ging man davon aus, dass Krankheiten auf ein Ungleichgewicht der Körpersäfte zurück zu führen sind. Dies könne man mit einer Änderung der Lebensweise verbessern. Unter Lebensweise verstand Hippokrates nicht nur eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten. Auch psychische Faktoren, wie Stress und Trauer, sollten vermieden werden. Der Grundgedanke des Abnehmens stand damals noch im Hintergrund.
Auch in der traditionellen chinesischen Medizin, welche ebenfalls schon über 2000 Jahre zurück reicht, wird der Ernährung schon eine gewichtige Rolle für die Körperkräfte (Qì) zugesprochen. Krankheiten sollten durch verschiedene Therapien geheilt werden. Dazu zählten die Pflanzenmedizin, Akupunktur und spezielle Diäten. Richtige Hungerkuren dienten in diesem Kulturkreis eigentlich nur zu spirituellen Zwecken, wie der Meditation.
Natürlich sind nicht alle Denkweisen des Altertums heute noch nachzuvollziehen, doch der Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung war den Menschen auch damals schon bewusst.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Begriff Diät immer mehr zu einem Oberbegriff für eine Ernährungsform, die dem Abnehmen hilfreich ist, während der Aspekt der Gesundheit im Laufe der Zeit immer mehr vernachlässigt wurde.
Schon im Altertum gab es im Übrigen einen Körperkult. Wie die Statuen der griechischen Hochkultur belegen, legte man Wert auf einen schlanken und athletischen Körper. Der christliche Glaube prägte hingegen das Weltbild im Mittelalter. Demgemäß war zu jener Zeit jegliches Augenmerk auf Körperlichkeit verpönt. In der Renaissance aber durften Bauch, Gesäß und Taille schon deutliche Rundungen aufweisen, und im Barock prägte der Begriff der Rubensfigur schließlich die darstellende Kunst. Paradoxerweise zwängten sich die Frauen damals zumeist in ein Korsett, denn im bekleideten Zustand war wiederum die Wespentaille chic. Die geruchsmäßigen Ausschweifungen des anschließenden Rokoko, als man lieber auf Parfüm zurückgriff als sich zu waschen, spielen hier zum Glück keine Rolle.
Mit der Einführung der Kleidergrößen um 1900 und dem Aufkommen der Filmindustrie Hollywoods, wurden neue Schönheitsideale geboren. Die schlanken Filmikonen verkörperten ein Idealbild, dem bis heute, noch gesteigert durch die Modewelt und ihre Models, nachgeeifert wird.
Erste Abnehm-Konzepte im 20. Jahrhundert
Um diesem Schönheitsideal nachzukommen, wurden die ersten Diät-Konzepte zum Abnehmen in den 1920er Jahren entwickelt. Jede Diätform basiert seither auf einer Verminderung oder Steigerung des relativen Anteils eines Nahrungsbestandteils gegenüber den anderen Bestandteilen. Mal gilt es, weniger Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, mal weniger Fette oder Eiweiße. Zusätzlich wird bei einer Diät zumeist auf die zugeführte Gesamtenergiemenge (Kalorien) geachtet.
Diese Diäten, auch unter dem Oberbegriff Reduktionsdiäten zusammengefasst, sollten allerdings nur kurzfristig und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Allgemeiner Konsens ist mittlerweile, dass eine Reduktionsdiät nur dann dauerhaft erfolgreich ist, wenn ihr eine generelle Ernährungsumstellung folgt. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Energiebilanz ausgeglichen ist, das heißt, dass dem Körper nicht mehr Energie in Form von Nahrung zugeführt wird, als er tatsächlich verbraucht. Fällt man in alte Essgewohnheiten zurück, lässt der berühmte Jojo-Effekt voraussichtlich nicht lange auf sich warten.
Zu den derzeit bekanntesten Diät-Konzepten zählen diejenigen, die auf Low-Carb, Low-Fat, Trennkost oder dem Glykämischen Index basieren.
Daneben existieren aber auch weiterhin jene Diäten, die zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. Bis in die 80er Jahre hinein gab es für fast jede Erkrankung auch eine eigene Ernährungsform. Mittlerweile überwiegt in der Medizin jedoch die Ansicht, dass eine lactovegetable Vollwertkost in Verbindung mit körperlicher Aktivität für die meisten Krankheitsbilder ausreichend ist. Natürlich gibt es aber auch weiterhin speziell erforderliche Ernährungsformen bei manchen Krankheiten.
Beispiele für Krankheiten bei denen, nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin und weiterer Fachgesellschaften, eine Ernährungsumstellung die Heilung begünstigt, beziehungsweise das Fortschreiten verlangsamt, sind unter anderem: Adipositas (krankhaftes Übergewicht), Gicht, Niereninsuffizienz, Diabetes (Typ II), Bluthochdruck und Leberzirrhose.
Heute geht es moderater zu
Die Zeiten, als sich Operndiva Maria Callas einen Bandwurm einsetzen ließ, um abzunehmen, sind hoffentlich vorbei. Heute geht es bei den meisten Diät-Konzepten moderater zu, die ganzheitliche Gesundheit steht während einer Diät im Vordergrund. Gleichwohl sollte man selbst darauf achten, es erst gar nicht erst zu Mangelerscheinungen während einer Diät kommen zu lassen.
Eine ausgewogene, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind wohl immer noch das beste Rezept, um in Form zu bleiben. Wünschenswert wäre, wenn sich das Schönheitsideal, oder besser gesagt unsere Lebensweise („diaita“), bald wieder wandelt: Weg vom extremen Schlankheitswahn, hin zu einem gesunden Körper, nicht zu dick und nicht zu dünn, in dem ein gesunder Geist ruht – und das, obwohl diese Redewendung gar nicht von Hippokrates stammt.
Derk Hoberg