Trainingsplan - Teil 7: Welche Rolle spielt die Tagesform?
- Marko Heibel
Wenn Ihr diese Serie bislang aufmerksam verfolgt habt, wisst Ihr ja, dass es bei mir in den letzten beiden Wochen wirklich gut lief. Mein Körper hat sich gut auf die 3-4 Einheiten pro Woche eingestellt. Sogar meine Zeiten waren ansprechend, obwohl es sich ja nur um Trainingsläufe handelte, bei denen die Zeiten bestenfalls an zweiter Stelle stehen.
Lauftagebuch belegt gute Form
Da ich den Großteil meiner Trainingsstrecken bereits gefühlte 1.000 Mal gelaufen bin und seit Jahren Lauftagebuch führe, konnte ich mir auch anhand von Zahlen beweisen, dass meine Einschätzung nicht so falsch war.
Ein Beispiel: Letzte Woche stand ein Lauf über 3x2 Kilometer im Schwellenbereich mit Trabpausen an. Hierfür habe ich mir einen Rundkurs von knapp 8 Kilometern Länge ausgesucht, auf dem ich seit 2004 fast alle meine Trainingszeiten festgehalten habe. Mein Streckenrekord liegt seit 2006 bei 37:58 Minuten. Dieses Mal habe ich, trotz der zwei Trabpausen von jeweils 5 Minuten, 39:25 Minuten benötigt. Und das, ohne auch nur ein einziges Mal über mein Pulslimit für Schwellenläufe von 172 Schlägen/min. gegangen zu sein, das die Laktatmessung vor ein paar Wochen ergeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass es kein Problem sein würde, die 45-Minuten-Marke zu knacken – schließlich lagen ja noch sechs Wochen vor mir.
Gesundheitlicher Rückschlag
Zu Beginn von Woche fünf wurde ich montags morgens wach und hatte ein taubes Gefühl in zwei Fingern meiner linken Hand. Nachdem ich beim Frühstück noch dachte, dass sich das schon geben wird, bin ich erst ins Büro gefahren…, um dann nachmittags doch zum Arzt zu gehen. Das Resultat: Nichts Besorgnis erregendes, nur ein Halswirbel, der scheinbar einen Nerv mal etwas näher kennen lernen wollte. Allem Anschein nach hatte ich mich verlegen oder eine falsche Bewegung gemacht. Mit der entsprechenden Therapie und ein bisschen Ruhe würde sich das rasch wieder geben. Zusätzlich wurde mir empfohlen, es für den Rest der Woche beim Sport etwas ruhiger angehen zu lassen.
Die Pause passte mir dann auch ganz gut in den Kram. Zum einen hatte ich mit meinen Läufen ohnehin zwei Wochen Vorsprung gegenüber dem Verfassen meiner allwöchentlichen Berichte; zum anderen war im Job gerade so viel zu tun, dass ich jede freie Minute gebrauchen konnte.
Am darauf folgenden Montag hieß es dann aber wieder: Nichts wie rein in Trainingswoche fünf, Take two. Das Problem: Viel mehr Zeit als in der Vorwoche hatte ich immer noch nicht. Wenn ich nach der Arbeit noch laufen wollte, hätte ich wohl erst gegen 22 Uhr (oder später) „Feierabend“. Daher habe ich beschlossen, meine drei geplanten Läufe unter der Woche auf den ganz frühen Vormittag zu legen, also vor die Arbeit. Das heißt in meinem Fall, dass der Wecker zwischen 6 Uhr und 6:30 Uhr klingelt.
Und dann kam es zum plötzlichen Formverlust: Obwohl ich mich fühlte, als würde ich in Zeitlupe laufen, war mein Puls schnell in Bereichen, in denen er unmöglich sein konnte. Mir kam es vor, als würden mich bei diesem Tempo Walker überholen können. So war es bei den zwei Läufen, die ich montags und mittwochs in der Frühe gemacht habe (5x2 km Entwicklungsbereich bzw. 12 km GA I). Entsprechend frustriert ging es dann ins Büro.
Welche Rolle spielt die Tagesform?
Dass ich übertrainiert sein sollte, konnte ich mir nur schwer vorstellen, zumal ich ja eine Woche pausiert hatte. Ebenso wenig konnte ich in sieben Tagen alles wieder verloren haben, was ich mir zuvor in mehreren Wochen aufgebaut hatte. Angesichts dessen stellte ich mir die Frage, wie viel Einfluss die Tagesform auf die persönliche Fitness hat. Erklärt wenig Schlaf in Kombination mit Stress und einer ungewohnten Uhrzeit für sportliche Aktivitäten (normalerweise bevorzuge ich den frühen Abend, oder alternativ den späten Vormittag) einen solchen Einbruch? Spielt da vielleicht die Ernährung noch mit rein? Und für wie viel „Minus“ sorgt der Kopf, wenn Dir ein Lauf in den Morgenstunden alles andere als genehm ist, mal ganz abgesehen vom Biorhythmus?
Taktische Auswechslung
Festzuhalten bleibt, dass ich mich – trotz der Helligkeit am Morgen – dagegen entschieden habe, der „frühe Vogel“ zu sein. Die Würmer können gern andere haben. Da es ja mittlerweile erst gegen 22:30 Uhr richtig dunkel ist, werde ich zur Not auch um 21 Uhr noch die Laufschuhe schnüren.
Und am Ende der Woche blieb auch etwas Tröstliches stehen: Den zweiten Intervalllauf (erneut 5x2 km EB) habe ich so gelegt, wie es mir am besten passt: Auf den Sonntagnachmittag, nachdem ich ausgeschlafen, gut gegessen und keinerlei Zeitdruck hatte. Die Endzeit war zwar immer noch nicht das, was ich in den zwei Wochen zuvor abgeliefert hatte, aber auch schon wieder deutlich besser als bei meinen Läufen in der Morgendämmerung. Der Tagesform sei Dank.
Marco Heibel
Weitere Teile der Serie:
Teil 1: Der Testlauf
Teil 2: Der Laktattest
Teil 3: Es wird ernst
Teil 4: Schwellenschwäche
Teil 5: Vom Feeling her ein gutes Gefühl