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Core Stablitity – Nur ein Hype?
Core Stability ist nach wie vor in aller Munde. Sie wird bei Rückenschmerzen empfohlen und als notwendiger Bestandteil praktisch jeder Bewegung betrachtet. Aber ist sie vielleicht doch nur ein Hype?
Es war wohl um das Jahr 2004, als in Deutschland Core Stability erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Ein Auslöser dafür waren der US-Fitnesstrainer Mark Verstegen und sein Team, die Jürgen Klinsmann damals in der Nationalmannschaft installierte. Seitdem gehört der Begriff Core zum Trainingsvokabular wie das Amen zur Kirche. Aber zurecht? Sportlehrer Robert Heiduk sieht den Trend skeptisch. Und das geht bei der Definition los.
Der einfache Schluss, dass mehr Rumpfstabilität zu mehr Leistungsfähigkeit führt, ist für Heiduk unzulässig, da „nicht evidenzbasiert. Man braucht beim Training immer eine Belastungsspezifik. Es gibt keine Übertragbarkeit. Wenn ich einen Vierfüßlerstand mache, aber die Stabilität beim Sprint brauche, dann muss ich auch die Stabilität im Sprint üben.“
Und auch wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Core Stability und Leistungsfähigkeit besteht. Eine Studie Forschern aus Wuppertal, die mit mit Profi-Fußballern durchgeführt wurde, konnte beispielsweise keinerlei Beziehung zwischen der Core Stabilität und der Leistung in Schnelligkeits-, Kraft- und Ausdauertests feststellen (1). Professor Eyal Lederman, Leiter des Centre for Professional Development in Osteopathy and Manual Therapy in London hat sich in seinem Artikel „The Myth of Core Stability“ mit der Core Stability auseinandergesetzt. Auch er kommt in den Ergebnissen seiner evidenzbasierten Literaturübersicht zu dem Schluss, dass die der Core Stability zugeschriebenen Trainingswirkungen in vielen Fällen gar nicht zutreffen.
Lederman verweist in seinem Aufsatz auf Untersuchungen, in denen festgestellt wurde, dass – abhängig von der Körperhaltung – nur ein Prozent der maximalen Anspannungsfähigkeit der Rumpfextensoren und -flexoren benötigt wird, um die Rumpfstabilität aufrechtzuerhalten. Unter Zugabe eines Gewichtes von 32 kg steigt dieser Wert auf drei Prozent der maximalen Anspannungskapazität. Beim Gehen wurde eine durchschnittliche Aktivität des M. Rectus Abdominis (gerader Bauchmuskel) von zwei Prozent der maximalen Anspannungskapazität gemessen, die des M. obliquus externus abdominis (äußerer, schräger Bauchmuskel) lag bei fünf Prozent. Lederman stellt dann die Frage, inwieweit eine sehr starke Rumpfmuskulatur überhaupt benötigt wird.
Dass, egal bei welchem Training, auch immer die Leistungsfähigkeit und der individuelle Zustand des Trainierenden entscheidende Komponenten sind, steht dennoch außer Frage. So kann etwa bei der Rehabilitation bestimmter Verletzungen auch eine gezielte Rumpfkräftigung ein Teil der Behandlung und sinnvoll sein. Problematisch wird es aber, wenn man Core Stability als „Allheilmittel“ versteht und Zusammenhänge herstellt, die nicht bestehen. Radikalität ist nie gut.
(1) Hoppe M.W., Baumgart C., Sperlich B. and Freiwald J.: There is no relationship between core stability and selected performance factors in professional soccer players. Research Center ofPerformance Diagnostics and Training Advice (FLT) at the University of Wuppertal.
Was ist überhaupt der Core?
Welche Bereiche zum Core zählen, dazu gibt es in der Literatur verschiedene Sichtweisen. Die Ansichten gehen von „alle Muskeln rund um den Körperschwerpunkt“ bis zu „von Kopf bis Hüfte und Gesäß“. Für Heiduk liegt hier bereits ein Fehler in der Betrachtung. „Schon die Eingrenzung dessen, was zum Core zählt, hat für das, worum es geht – nämlich die sportliche Leistungsfähigkeit – keinerlei Bedeutung“, schildert Heiduk seine Sicht der Dinge. In der Folge macht für ihn auch eine isolierte Betrachtung des Rumpfes keinen Sinn. „Man muss immer das große Ganze, den Körper in seiner Gesamtheit betrachten.“Der einfache Schluss, dass mehr Rumpfstabilität zu mehr Leistungsfähigkeit führt, ist für Heiduk unzulässig, da „nicht evidenzbasiert. Man braucht beim Training immer eine Belastungsspezifik. Es gibt keine Übertragbarkeit. Wenn ich einen Vierfüßlerstand mache, aber die Stabilität beim Sprint brauche, dann muss ich auch die Stabilität im Sprint üben.“
Kritische Studien und Stimmen
Ins gleiche Horn stößt der Sportwissenschaftler Dr. Alex Gottlob. In seinem Buch „Differenziertes Krafttraining mit Schwerpunkt Wirbelsäule“ schreibt er: „Zusammengefasst kann man sagen, die Trennung der Multifidii von den restlichen Rückenstreckern und des Transversus abdominis von den restlichen Bauchmuskeln ist rein willkürlich gewählt worden. Sie macht weder biomechanisch noch neuromuskulär, weder sensomotorisch noch im muskulotendo-faszialen Kontext Sinn!“ Auch Gottlob hält also die Reduktion auf bestimmte Muskelgruppen, wie sie von vielen Anhängern des Core-Trainings häufig propagiert wird, für falsch.Und auch wissenschaftliche Untersuchungen legen nahe, dass kein direkter Zusammenhang zwischen Core Stability und Leistungsfähigkeit besteht. Eine Studie Forschern aus Wuppertal, die mit mit Profi-Fußballern durchgeführt wurde, konnte beispielsweise keinerlei Beziehung zwischen der Core Stabilität und der Leistung in Schnelligkeits-, Kraft- und Ausdauertests feststellen (1). Professor Eyal Lederman, Leiter des Centre for Professional Development in Osteopathy and Manual Therapy in London hat sich in seinem Artikel „The Myth of Core Stability“ mit der Core Stability auseinandergesetzt. Auch er kommt in den Ergebnissen seiner evidenzbasierten Literaturübersicht zu dem Schluss, dass die der Core Stability zugeschriebenen Trainingswirkungen in vielen Fällen gar nicht zutreffen.
Lederman verweist in seinem Aufsatz auf Untersuchungen, in denen festgestellt wurde, dass – abhängig von der Körperhaltung – nur ein Prozent der maximalen Anspannungsfähigkeit der Rumpfextensoren und -flexoren benötigt wird, um die Rumpfstabilität aufrechtzuerhalten. Unter Zugabe eines Gewichtes von 32 kg steigt dieser Wert auf drei Prozent der maximalen Anspannungskapazität. Beim Gehen wurde eine durchschnittliche Aktivität des M. Rectus Abdominis (gerader Bauchmuskel) von zwei Prozent der maximalen Anspannungskapazität gemessen, die des M. obliquus externus abdominis (äußerer, schräger Bauchmuskel) lag bei fünf Prozent. Lederman stellt dann die Frage, inwieweit eine sehr starke Rumpfmuskulatur überhaupt benötigt wird.
Ganzheitliche Betrachtung wichtig
Als direkte Kritik will Heiduk seine Aussagen aber dennoch nicht verstanden wissen. Vielmehr plädiert er für eine ganzheitliche Betrachtung des Bewegungsapparats und der Bewegung. „Mir geht es um beobachtbare Phänomene, um Bewegungsbeobachtung und nicht um Konstrukte.“ Das Thema Core Stability hat für ihn auch einen „völlig legitimen“ Marketing-Charakter, zumal die in vielen Core-Konzepten enthaltenen Übungen und Gedankenspiele nicht neu sind. „Ich glaube, dass sich da ein sich wiederholendes Muster des sportlichen Trainings offenbart“, sagt der Diplom-Sportlehrer. Allerdings werde die für eine sportartspezifische Bewegung notwendige Rumpfkraft bei sportartspezifischen Übungen im Zusammenspiel mit der notwendigen Koordination und neuromuskulären Optimierung ausgebildet. Ein reiner Fokus auf ein Rumpfkrafttraining als Lösung –beispielsweise bei Rückenschmerzen oder zur Leistungsverbesserung – ist für Heiduk „somit eine zu starke Simplifizierung komplexer Vorgänge.“Dass, egal bei welchem Training, auch immer die Leistungsfähigkeit und der individuelle Zustand des Trainierenden entscheidende Komponenten sind, steht dennoch außer Frage. So kann etwa bei der Rehabilitation bestimmter Verletzungen auch eine gezielte Rumpfkräftigung ein Teil der Behandlung und sinnvoll sein. Problematisch wird es aber, wenn man Core Stability als „Allheilmittel“ versteht und Zusammenhänge herstellt, die nicht bestehen. Radikalität ist nie gut.
(1) Hoppe M.W., Baumgart C., Sperlich B. and Freiwald J.: There is no relationship between core stability and selected performance factors in professional soccer players. Research Center ofPerformance Diagnostics and Training Advice (FLT) at the University of Wuppertal.