"Das pusht mich persönlich richtig" - Eric Frenzel im großen netzathleten-Interview getty images

"Das pusht mich persönlich richtig" - Eric Frenzel im großen netzathleten-Interview

Eric Frenzel hat zum vierten Mal in Folge den Gesamtweltcup in der nordischen Kombination gewonnen. Im Interview mit netzathleten.de lässt er die Saison Revue passieren und erklärt die Gründe für seinen Erfolg.
netzathleten.de: Vier Gesamtweltcup-Siege in Folge: Wie fühlt sich das an?
Eric Frenzel: Für mich momentan noch unglaublich und eigentlich nicht richtig in Worte zu fassen, da ich auch selber nicht damit gerechnet hätte. Für mich ist ein einziger großer Traum in Erfüllung gegangen. Ich habe nach meinem ersten Weltmeistertitel immer gesagt, dass ich beweisen möchte, dass das keine Eintagsfliege war. Danach sind Olympiasieg und vier Gesamtweltcup-Siege in Folge gekommen – unglaublich, aber auch unglaublich schön. Die Saison zu gewinnen, hatte ich gar nicht so im Fokus.  Die privaten Einbindungen – Studium und Familienzuwachs – haben zugenommen und ich hatte den Trainingsschwerpunkt mehr auf das Springen gelegt. Aber es hat sich so gefügt, wunderbar!

netzathleten.de: Wird langsam langweilig, oder ;-)?
Eric Frenzel: Für mich eigentlich nicht, da es doch jedes Jahr immer wieder ein hartes Stück Arbeit ist und die Konkurrenz ist sehr stark, im eigenen Team und international. Nein, es sieht von außen vielleicht anders aus, aber jeder Wettkampf ist hart, jede Saison muss durchgestanden werden.

netzathleten.de: Du hast dein Studium angesprochen. Du studierst Wirtschaftsingenieurwesen. Wie kriegst Du Studium und Sport zusammen auf die Reihe?
Eric Frenzel: Ich habe große Unterstützung durch die Hochschule Mittweida, die mir mit einem individuellen Stundenplan und Extra-Seminaren für uns Spitzensportler entgegen kommt. Somit kann ich bestimmen, wie viel Stoff ich in einem Semester absolvieren kann.

netzathleten.de: Kommen Dir Wettkampfmodelle wie das Nordic Combined Triple in Seefeld entgegen? In den letzten Jahren konntest Du dort alle Rennen gewinnen, das gelbe Trikot übernehmen und so einen großen Teil zum Gesamterfolg einfahren.
Eric Frenzel: Ich denke schon. Es macht Spaß und ist eine Riesen-Herausforderung, die mich persönlich richtig pusht.

netzathleten.de: Welchen Anteil haben Deine Teamkollegen an Deinem Erfolg? Stichwort: Fabian Riessle, der ja auch um den Gesamtweltcup mitfährt.
Eric Frenzel: Ich denke es ist an diesem Punkt positiv, dass es gut ist wenn Topathleten zusammen trainieren können, jedoch ist es im Endeffekt immer eine individuelle Leistung. Dass jüngere Generationen nachkommen und angreifen, wie auch die Norweger um ihr Riesentalent Riiber, hat für ältere Athleten natürlich immer Motivationseffekte (lacht).

netzathleten.de: Gibt es manchmal taktische Absprachen, wer ein Rennen gewinnen „soll“, sodass Ihr auch für einander fahrt?
Eric Frenzel: An sich gibt es keine Stallorder. Jeder darf selber entscheiden, wie er sein Rennen gestaltet.

netzathleten.de: Wie laufen taktische Absprachen zwischen Euch ab? Geben die Trainer die Marschroute vor oder organisiert Ihr Euch diesbezüglich selbst?
Eric Frenzel: Es ist schon so, dass wir uns vorher mit den Trainern zusammen besprechen, wie wir Rennen angehen sollten und ob wir eventuell gemeinsam arbeiten können. Dies läuft aber auch größtenteils individuell ab.

netzathleten.de: Wie schafft Ihr es, trotz aller Konkurrenz, ein so gutes Verhältnis zu haben?
Eric Frenzel: Ich denke, das Wichtigste ist der gegenseitige Respekt und das Anerkennen der erbrachten Leistung. Gemeinsamer Erfolg ist auch eine gute Grundlage. Die Medaillen sind schon schön über das Team verteilt, jeder bekommt sozusagen etwas ab und wenn man zusammen die „Mannschaft des Jahres“ wird, bindet das ungemein.

netzathleten.de: Welche Rolle spielen die Trainer dabei?
Eric Frenzel: Wichtig ist, dass die Trainer versuchen, den Sportlern, das Gefühl zu vermitteln, das jeder gleichberechtigt wird.

netzathleten.de: Welche Rolle kommt Deinen Heimtrainern beim Gesamtweltcup-Erfolg zu?
Eric Frenzel: Sie spielen natürlich schon auch eine sehr große Rolle, da ich ja gerade im Sommer den größten Teil meines Trainings zusammen mit diesen bestreite. Sie sind auch das ganze Jahr, auch zwischen den Weltcups, wichtige Gesprächspartner. Gerade wenn es um den Sport geht.

netzathleten.de: Diese Saison war aufgrund von Schneemangel und zu warmer Witterung immer wieder von Weltcup-Ausfällen begleitet. Wie sehr bringt Dich das durcheinander?
Eric Frenzel: Es hat mich nicht sehr durcheinander gebracht. Es war nur einmal eine große Pause und ich konnte diese Zeit für mich gut nutzen.

netzathleten.de: Welche Auswirkungen haben solche Ausfälle auf Deine Trainingsplanung und Trainingssteuerung?
Eric Frenzel: Es hatte insofern Auswirkung, als wir darauf reagieren mussten. Wir mussten die Form konstant hoch halten und dies eben durch Training und nicht wie gewohnt durch einen gleichmäßigen Wettkampfrhythmus.

netzathleten.de: Es ist auffällig, dass in den letzten Jahren gerade in Mitteleuropa öfter nicht ideale Bedingungen herrschen, beispielsweise in Schonach im Januar, wo auch dieses Jahr der Wettkampf abgesagt werden musste. Was kann man in kommenden Weltcupjahren von der Organisation her besser machen?
Eric Frenzel: Meines Erachtens bringt da nur eine Umstellung des Weltcupkalenders höhere Sicherheit. Das heißt, dass man Weltcups, die in Mitteleuropa stattfinden, Ende Januar und Februar austragen sollte, da dort dann in der Regel eine größere Schneesicherheit herrscht.

netzathleten.de: Diskutiert wird, Weltcups gemeinsam mit Langläufern und Skispringern auszutragen. Wie siehst Du das?
Eric Frenzel: Das finde ich positiv, da es gerade für die Zuschauer vor Ort ein tolles Rundumpaket ist und somit jede Sportart von der anderen profitieren kann – nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stärker“.

netzathleten.de: Auf der anderen Seite haben Dir die Weltcupausfälle immer wieder längere Phasen mit deiner Familie ermöglicht…
Eric Frenzel: Stimmt.

netzathleten.de: Und Du konntest Deinen Nachwuchs – im September wurde Dein zweiter Sohn geboren – hautnah erleben. Was ziehst Du aus der Zeit daheim?
Eric Frenzel: Ich denke, dass es für jeden Vater schön ist, Zeit mit seinen Kindern zu verbringen. Somit war das für mich dieses Jahr schon etwas sehr schönes –  gerade auch in der Anfangszeit öfters daheim zu sein. Die  Familie hat aber in den letzten Jahren schon von der neuen Reisestrategie der  deutschen Mannschaft im Weltcup profitiert. Wir reisen zu jedem einzelnen Weltcup an und verbringen die Wochen an unseren Heimatstützpunkten und bei unseren Familien. Das hat sich auch sportlich bewährt. Mit dem Heimtrainer zu arbeiten tut mir immer gut, ich baue zum Wettkampf bessere Spannung auf und bin abends bei meiner Frau und den Kindern.

netzathleten.de: Nun wird am kommenden Wochenende der Weltcup in Schonach nachgeholt. Was hast Du Dir für das Weltcupfinale vorgenommen und wie sehen die Pläne danach aus?
Eric Frenzel: Es ist natürlich schon mein Ziel, meine beste Leistung zu zeigen, auch wenn es nach der langen Weltcupsaison nicht einfach wird. Danach ist etwas Erholung und Urlaub angesagt, bevor einige Projekte mit Wirtschaftspartnern und natürlich die Vorbereitung auf die neue Saison anstehen.

netzathleten.de: Fasse doch bitte abschließend die Saison noch einmal in drei Worten zusammen.
Eric Frenzel: Schneemangel. Energieleistung. Große Kristallkugel.

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Ohne Sponsoren geht im Sport heute fast nichts mehr. Wie kommst du an Sponsoring- und Werbeverträge?
Eric Frenzel: In der Vermarktung ist für mich Authentizität das wichtigste Kriterium.

Was heißt das genau?
Ich habe zum Beispiel vor einigen Jahren mit meinem Schwiegervater zusammen unser Haus gebaut. Einerseits, weil ich handwerklich nicht unbegabt bin, andererseits hat es mich wahnsinnig interessiert, wie man so etwas plant und umsetzt. Ich habe mich daher mit den Energieberatern unseres Energieunternehmens „eins“  zusammengesetzt, um zu lernen, wie ein modernes Haus energetisch funktioniert. Ich war begeistert von den heutigen innovativen Ansätzen, insbesondere im Bereich unserer eigenen, privaten Stromerzeugung. Dann habe ich mit den Energieingenieuren ein Konzept für unser Haus entwickelt, mit dem ich die erzeugte Energie auch speichern kann. Dieser Planungsprozess war wiederum für das Energieunternehmen so mustergültig, dass wir nun eine Broschüre unter dem Titel „Mehr Energie mit Eric Frenzel“ planen. Das sind gewachsene, authentische Partnerschaften.   

Du bist jetzt also ein Energiefachmann?
Eric Frenzel:  Ich möchte den Dingen immer auf den Grund gehen. Meine eigene Hausbauerfahrung führt jetzt dazu, dass ich mein Elternhaus thermographisch untersuchen lassen möchte, um Wärmeverluste zu identifizieren. Das ist eben dieselbe Leidenschaft, mit der ich meine Sitzhaltung beim Anfahren auf der Schanze per Video mit einem Biomechaniker analysiere oder die Abstoßbewegung mit den Stöcken beim Langlauf. Ich möchte Dinge erkennen und dann überlegen, wie sie optimierbar sind. Ich liebe Innovation, in der Wirtschaft, aber auch bei mir persönlich. Ich möchte nicht stehen bleiben!

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